Bis zu 75 Millionen Euro stellt das Land Niedersachsen jedes Jahr für die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) zur Verfügung. „Bis heute ist noch nie ein Fördervorhaben an zu wenig Mitteln des Landes gescheitert, wir schöpfen den Betrag nicht voll aus“, berichtete Jasha Uygungül aus dem Wirtschaftsministerium bei einem Treffen des Busunternehmerverbands GVN in Lohne (Kreis Oldenburg). Schon sehr bald könnte sich das jedoch ändern – die Mittel könnten knapp werden.

Der Druck zur Dekarbonisierung des Fahrzeugbestands steigt: Ab 2026 darf im ÖPNV nur noch jedes dritte Neufahrzeug ein Dieselbus sein. Das schreibt ein Gesetz des Bundes vor, das die Verkehrsunternehmen zum Umstieg auf Elektromobilität und Brennstoffzellen zwingen soll. Außer Vorgaben kommt zu dem Thema aus Berlin aber nicht viel. „Der Bund hat sich aus der Förderung zurückgezogen und lässt die Länder im Regen stehen“, stellt Jürgen Römer von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) fest. Angesichts des großen Umstellungsbedarfs bei den Verkehrsunternehmen wird ihm angst und bange. Da sich der Bund seit Jahren hartnäckig gegen einen Ausbau der Regionalisierungsmittel stemme, wagt der LNVG-Experte eine düstere Prognose: „Wenn das Geld im System begrenzt ist, die Kosten einem aber davonlaufen, dann beißt irgendwann einer ins Gras.“
Vor diesem Hintergrund tobt ein Streit innerhalb der Landesregierung um die Zukunft der Omnibusbetriebshof-Förderung in Niedersachsen. Nachdem der Landesrechnungshof die bisherige Förderrichtlinie wegen beihilferechtlicher Bedenken kassiert hat, liegt die Dekarbonisierung der Busdepots zwischen Harz und Küste erst einmal auf Eis. Ohne Fördermittel sind solche Großprojekte aber sowohl für kommunale als auch für privatwirtschaftliche Unternehmen nicht wirtschaftlich darstellbar. Die neue Förderrichtlinie, die das Wirtschaftsministerium innerhalb kürzester Zeit ausgearbeitet hat, ist zwar vergangene Woche in die Verbandsbeteiligung gestartet. Aus Sicht des LNVG-Förderexperten hat der Entwurf aber einen gewaltigen Makel: Die Förderrichtlinie soll nicht etwa fünf Jahre gelten, wie normalerweise üblich, sondern nur ein Jahr. Ob es sich bei diesem Zeithorizont für ein Unternehmen überhaupt lohnt, den millionenschweren Neu- oder Ausbau eines Betriebshofs zu planen, sei mehr als fraglich. „So wie das jetzt da drinsteht, ist das ein schlechter Witz“, kritisiert Römer.

Im Wirtschaftsministerium ist man mit dieser Einschränkung ebenfalls nicht glücklich. „Wenn’s nach uns geht, dürfte diese Förderrichtlinie auch einen längeren Zeitraum umfassen. Wir geben ihnen gerne Planungssicherheit“, sagte der stellvertretende ÖPNV-Referatsleiter Uygungül. Bei der Abstimmung mit Finanz- und Innenministerium habe man sich aber nur auf eine Laufzeit von einem Jahr einigen können. Nach Rundblick-Informationen steckt dahinter ein Grundsatzstreit zwischen den Ministerien: Während das Wirtschaftsministerium den ÖPNV weiterhin auf Landesebene fördern will, möchte das Innenministerium lieber die Aufgabenträger – also die Kommunen – finanziell stärken. Während dieser Kurswechsel auf kommunale Verkehrsbetriebe möglicherweise nur geringe Auswirkungen hätte, sind die Folgen für private Busunternehmen, die rund 40 Prozent des ÖPNV-Linienverkehrs in Niedersachsen betreiben und insbesondere im Schülerverkehr unverzichtbar sind, kaum absehbar.
Auf Rundblick-Anfrage stellt das Innenministerium klar: „Wir sehen die Förderung von privaten als auch öffentlichen Unternehmen im Bereich des ÖPNV als wichtiges landespolitisches Ziel an.“ Eine Abschaffung sei nicht geplant, aber eine „Weiterentwicklung“. Ministeriumssprecherin Svenja Mischel verweist in diesem Zusammenhang auf einen Beschluss der Landesregierung vom 17. Oktober 2023, wonach ein interministerieller Arbeitskreis zur Vereinfachung niedersächsischer Förderprogramm (IMAK) eingerichtet wurde. „Der IMAK wird dazu der Landesregierung voraussichtlich im Herbst 2024 einen Bericht mit Vereinfachungsvorschlägen vorlegen“, sagt Mischel. Aus Sicht des Innenministeriums sei es notwendig, „dass aktuelle Entwürfe künftiger Förderrichtlinien der einzelnen Ressorts den inhaltlichen Zielen des IMAK entsprechen“. Weil man bei der neue Richtlinien zur Betriebshof-Förderung aber nicht bis dahin warten können, habe man sich darauf verständigt, „die Förderrichtlinie zunächst nur befristet in Kraft zu setzen, um sie nach Vorlage des IMAK-Berichtes - soweit notwendig - anpassen und überarbeiten zu können“.