Der Umstieg auf Elektromobilität ist für Busunternehmen eine kostspielige Angelegenheit. Schließlich werden nicht nur fast doppelt so teure Fahrzeuge benötigt, der Wechsel von Diesel auf Strom erfordert auch eine komplett neue Infrastruktur. Durch die ÖPNV-Förderung des Landes Niedersachsen werden zwar Teile dieser Ausgaben aufgefangen. Doch der Landesrechnungshof hat das bisherige Förderregime für die Omnibusbetriebshöfe „abgewürgt“, wie der stellvertretende Referatsleiter Jasha Uygungül aus dem Wirtschaftsministerium beim Frühjahrstreffen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Bremen berichtete. Das personell eher dünn besetzte Referat 44 steht nun vor der Herausforderung, in Windeseile eine neue Förderrichtlinie für das kommende Jahr aufstellen zu müssen. Die Uhr tickt. Stichtag für das Einreichen der Förderanträge ist üblicherweise der 31. Mai.

Mit der Betriebshof-Förderung des Landes steht und fällt ein Neubau- oder Modernisierungsprojekt im ÖPNV-Bereich für gewöhnlich. Das beste Beispiel dafür ist der zum Jahresbeginn gestartete Neubau eines nachhaltigen Busbetriebshofs in Salzgitter-Lebenstedt, den das Land Niedersachsen knapp zur Hälfte mit rund 10,7 Millionen Euro bezuschusst. „Ohne die Fördermittel wäre ein Projekt solchen Ausmaßes für die Kraftverkehrsgesellschaft Braunschweig (KVG) nicht möglich“, stellte KVG-Geschäftsführer Axel Gierga beim Spatenstich im Januar klar.

Der regionale ÖPNV-Dienstleister will den schrittweisen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen möglichst nachhaltig gestalten, sodass auch „kommende Generationen“ davon profitieren. Dazu gehören dann eben auch der energetisch höchste Gebäudestandard, eine Sole-Wasser-Wärmepumpe und eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach. „Mit der geplanten Fertigstellung in 2026 ist der Betriebshof Salzgitter-Lebenstedt der erste der insgesamt fünf Betriebshöfe der KVG, der vollständig für die E-Mobilität ausgebaut ist“, sagte der KVG-Aufsichtsratsvorsitzende und Landtagsabgeordnete Stefan Klein (SPD). Vier weitere Umbauprojekte stehen also allein in der südlichen Region Braunschweig noch an – auch sie sind ohne Landeszuschüsse kaum denkbar.

„Wir versuchen, den Betriebshof überall da zu fördern, wo es beihilferechtlich möglich ist“, kündigte Uygungül an. Sowohl Neubau als auch Modernisierung sollen auch im neuen Förderregime weiterhin bezuschusst werden. Auf den „Goldstandard“ dürften die Unternehmen allerdings nicht hoffen, denn der werde in den wenigsten Fällen förderfähig sein – unabhängig vom Fördermodell. Davon kennt das europäische Wettbewerbsrecht gleich mehrere, die alle unterschiedliche Vor- und Nachteile haben. „Das ganze Thema ist unfassbar kleinteilig“, sagte Uygungül. Den Verkehrsunternehmern versprach er jedoch: „Wir sind in den letzten Zügen. Spätestens im Mai haben Sie den Richtlinienentwurf auf dem Tisch.“ Voraussichtlich im August soll der Erlass dann veröffentlicht werden.
Noch in diesem Sommer könnte auch die niedersächsische „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für die Beschaffung von Omnibussen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)“ ein Update erhalten. Der Erlass tritt zum 31. Dezember 2026 zwar ohnehin außer Kraft. Auf den letzten Metern will das Verkehrsministerium von Olaf Lies (SPD) aber noch ein Problem beheben, das schon unter Vorgänger Bernd Althusmann (CDU) angeprangert wurde: Die Ungleichbehandlung zwischen eigenwirtschaftlichen und kommunalen Verkehrsbetrieben bei der Busförderung. Rund 40 Prozent der Liniengenehmigungen in Niedersachsen werden laut Uygungül von Betrieben gehalten, die nicht im Auftrag einer Kommune unterwegs sind, sondern die sagen: Ich fahre euch den Verkehr ohne weitere Zuschüsse aus dem Kreis- oder Stadthaushalt.

Wenn es um die Anschaffung von neuen Bussen geht, wird dieses Privatunternehmertum allerdings nicht belohnt, sondern abgestraft. Während es für kommunale Verkehrsunternehmen keine Obergrenzen gibt, dürfen privatwirtschaftliche Betriebe nur höchstens 300.000 Euro Förderung innerhalb von drei Jahren erhalten – das reicht umgerechnet für zweieinhalb Dieselbusse oder eineinviertel Elektrobusse. Die Dekarbonisierung wird da zwangsläufig zu einer jahrzehntelangen Aufgabe. Doch das soll sich nun bessern: „Wir müssen eine Richtlinie entwickeln, die beiden Seiten eine Fördermöglichkeit ermöglicht“, beschrieb Uygungül die Aufgabenstellung. Auch hier gilt bislang der 31. Mai als Stichtag.
Das Deutschlandticket hat zwar dem ÖPNV in städtischen Bereichen neuen Auftrieb gegeben, die Niedersachsen in den ländlichen Regionen profitieren dagegen kaum vom bundesweiten Einheitstarif. Das Verkehrsministerium in Hannover sieht daher klaren Handlungsbedarf. „Wir müssen faire Verhältnisse im Land herstellen“, betonte Staatssekretär Frank Doods und verwies auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Mobilitätsgarantie. Was darunter eigentlich genau zu verstehen ist, erläuterte das Verkehrsministerium kürzlich in der Antwort auf eine Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Marcel Scharrelmann. Ziel der Mobilitätsgarantie ist demnach, dass „alle Menschen in ganz Niedersachsen zügig, zuverlässig, barrierefrei und klimafreundlich von A nach B kommen“. Weiter heißt es: „Verkehrsbetriebe sollen bei der Weiterentwicklung zu Mobilitätsdienstleistern unterstützt werden.“
Dort, wo Linienführung und Taktung nicht alltagstauglich sind, soll das Angebot um Rufbusse, Bürgerbusse oder On-Demand-Angebote erweitert werden. Ministeriumsmitarbeiter Uygungül betonte, dass bei einer Mobilitätsgarantie sämtliche Verkehrsträger miteinbezogen werden sollen. „Das ist ein Mobilitätsprojekt, bei dem der ÖPNV nur ein großer Bestandteil ist“, sagte Uygungül. Damit sich als Modellregion nicht nur diejenigen bewerben, die im ÖPNV-Sektor ohnehin gut aufgestellt sind, sollen die Landesnahverkehrsgesellschaft und die Landesstraßenbaubehörde umfangreich beraten. „Es sollen zwei Dutzend Regionen in der Lage sein, sich darauf zu bewerben“, gab der Ministeriumsmitarbeiter als Ziel aus. Die Auftaktveranstaltung zu dem Projekt soll Ende Mai stattfinden.
Mindestens 150 Millionen Euro stellt das Land Niedersachsen den Kommunen jedes Jahr zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zur Verfügung. Welche Projekte mit welcher Summe gefördert werden dürfen, regelt das Niedersächsische Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (NGVFG). Der Betrieb von Bürgerbussen ist dabei bislang keine förderfähige Maßnahme, anders als die Anschaffung der Fahrzeuge. Das soll sich aber künftig ändern. Wie Uygungül berichtete, will das Wirtschaftsministerium dem Wunsch der rund 55 Bürgerbus-Vereine in Niedersachsen nachkommen und im NGVFG eine „Organisationspauschale“ verankern. Dabei soll es um eine jährliche Summe im „kleineren vierstelligen“ Euro-Bereich gehen.

„Für einen Bürgerbus-Verein sind solche Beträge schon existenziell“, sagte der ÖPNV-Experte. Zunächst habe zwar die Idee im Raum gestanden, diese Zuwendungen über Förderanträge auszuzahlen. Für die ehrenamtlichen Vereine hätte dies jedoch ein neues „Bürokratiemonster“ bedeutet. Daraufhin habe man sich für „die beste Lösung für die Branche und die arbeitsreichste für das Wirtschaftsministerium“ entschieden, berichtete Uygungül. Nun müsse das Ministerium nämlich prüfen, ob nicht auch andere Passagen im NGVFG ein Update benötigen. Das Gesetzgebungsverfahren soll noch in diesem Jahr eingeleitet werden.