Missbrauchs-Aufarbeitung: Druck auf Landesbischof Meister
Ralf Meister, Bischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, wird im Vorfeld der Frühjahrstagung des Kirchenparlaments öffentlich unter Druck gesetzt. In einem Schreiben von 200 Kirchenbeschäftigten – Pastoren, Diakonen und Vikaren – wird ein „Kulturwandel“ im Umgang mit Fällen von sexualisierter Gewalt gefordert. Zum Beispiel solle die Synode einen Ausschuss unter Beteiligung Betroffener einrichten.
Erst vorige Woche hat zudem die evangelische Kirchengemeinde Georgsmarienhütte in einem Brief Kritik an der Landeskirche geäußert. In diesem Brief wird die Zusammenarbeit bei der Aufklärung der Fälle von sexualisierter Gewalt in den 1970er Jahren als mangelhaft bezeichnet. Es geht dabei um Fälle von Missbrauch durch einen angehenden Diakon in einer Kirchengemeinde in Oesede. Im Februar hatte eine unabhängige Expertengruppe ihre Untersuchungsergebnisse vorgestellt und der Landeskirche dabei Versäumnisse im Umgang mit den Betroffenen und der Gemeinde attestiert – damals wie in der jüngeren Vergangenheit.
Meister kündigte daraufhin eine personelle und strukturelle Stärkung der zuständigen Aufarbeitungsstelle an, einen Rücktritt lehnte er zu diesem Zeitpunkt ab. Er meinte, zuvor sein Gewissen geprüft zu haben. Am kommenden Freitag wird das Thema auf der Synodentagung in Loccum behandelt, eine Betroffene soll dabei selbst zu Wort kommen. Die Rücktrittsforderung gegen den 62-jährigen Landesbischof wurde von den protestierenden Kirchenleuten in dem aktuellen Brief nicht erneuert. Die Autoren riefen vielmehr zu gemeinsamem Handeln auf.
Dieser Artikel erschien am 05.06.2024 in der Ausgabe #102.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
Jetzt vorbestellen