Alles eine Nummer kleiner: Bescheidener Start für die Landeswohnungsgesellschaft
Genug Konfliktstoff birgt das Thema sowieso – gleich, mit welchen Worten Niedersachsens Wirtschafts- und Bauminister Olaf Lies (SPD) in Kürze seine Pläne für die neue „Landeswohnungsgesellschaft“ (LWG) präsentieren wird. Vermutlich wird Lies sich anschließend mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, er sei „als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet“.
Denn die Überlegungen fallen nun sehr viel bescheidener aus, als sie noch vor einem Jahr von der damals neugebildeten rot-grünen Regierungskoalition angekündigt worden waren. Folgende Fakten schälen sich jetzt heraus: Mit dem im Etat für 2024 geplanten Ansatz von 100 Millionen Euro wird die LWG zunächst 1600 Wohnungen in ihrem eigenen Bestand anpeilen – davon will Lies 1450 neu bauen lassen, diese wären dann frühestens 2025 fertig. 70 Prozent dieser 1450 Wohnungen sollen sozial gefördert sein, also mit Mieten zwischen 6 und 7,50 Euro je Quadratmeter angeboten werden.
Führende Politiker von SPD und Grünen hatten monatelang erklärt, dass die LWG auch das Recht zur eigenen Kreditaufnahme bekommen soll. In einem solchen Fall wäre der Kapitalstock von 100 Millionen Euro eine Basis für Kreditaufnahmen dieser zu 100 Prozent landeseigenen Gesellschaft. Solche Kreditaufnahmen sollten nach dem Ursprungskonzept nicht auf die für das Land verbindliche Schuldenbremse angerechnet werden. Doch zu diesem ehrgeizigen und hoch umstrittenen Schritt kommt es nun – zunächst – nicht.
Nach Informationen des Politikjournals Rundblick haben die Experten des Finanzministeriums massive Bedenken gegen den vor allem in SPD-Kreisen geforderten „Kredithebel“. Damit bleibt das Finanzressort seiner Überzeugung treu, die es schon zu Zeiten einer anderen politischen Führung vorgetragen hatte. Verwiesen wird auf Paragraph 65 der Landeshaushaltsordnung, wonach eine Landesgesellschaft nur gegründet werden darf, wenn der Zweck nicht auf andere Weise wirtschaftlicher zu erfüllen ist. Diese Hürde wird laut eines Gutachtens, das die PD-Beratungsgesellschaft für das Land geschrieben hat, wohl genommen – denn sozialer Wohnungsbau klappt nach reinen Marktmechanismen nicht.
Im Paragraphen 65 steht aber auch, dass die Einzahlungsverpflichtung des Landes „auf einen bestimmten Betrag begrenzt“ sein soll. Dies wäre bei einer Haftung des Landes für Kredite, die einer landeseigenen LWG überwiesen werden, wohl nicht gewährleistet. Das Gegenargument, man könne ja aus den Erträgen der LWG die Rückzahlung der Kredite leisten, überzeugt derzeit nicht wirklich, da der Wohnungsbau unter den gegenwärtigen Bedingungen als höchst unprofitabel gilt. Niemand weiß momentan, wie die LWG durch ihre wirtschaftliche Tätigkeit hohe Überschüsse anhäufen könnte.
Damit könnte auch ein anderer Weg schwierig werden – basierend auf einem neuen Passus in der Landeshaushaltsordnung, der Mitte Dezember vom Landtag ins Gesetz geschrieben werden soll. Es geht um die Weiterleitung von Krediten des Landes an Dritte, womit diese künftig – anders als heute – nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden sollen. Dieses Modell wäre nur statthaft, wenn die Kredite „werthaltig“ wären. Dazu müssten die Empfänger ein sattes Plus machen und daraus die Tilgung problemlos leisten können. Bei der LWG sieht das derzeit aber nicht so aus.
In Regierungskreisen heißt es, die Bedenken des Finanzministeriums seien am Ende auch im Wirtschaftsressort geteilt worden. Auch der Verband der Wohnungswirtschaft (vdw), wichtiger Partner für die LWG, die im vdw Mitglied werden soll, warnte angeblich vor einem rechtlichen Vabanquespiel. Das alles verschärft allerdings einen Kontrast. So heißt es zur LWG im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen, freilich ohne Jahresangabe: „Die Gesellschaft verfolgt das Ziel, 40.000 landeseigene Wohnungen zu schaffen.“ Angepeilt sind aktuell nun 1450 Wohnungen, deren Fertigstellung aber für 2025 geplant ist – das wären gut zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl 2027, wenn der Koalitionsvertrag eigentlich erfüllt sein sollte.
Das Ziel von 40.000 dürfte demnach – wenn sich die Bedingungen nicht wesentlich ändern – deutlich verfehlt werden. Es gibt allerdings noch eine zweite Baustelle für Wirtschaftsminister Lies, nämlich die Reform der N-Bank. Die N-Bank konzentriert sich bisher vornehmlich auf Zuschüsse und weniger auf Darlehen. Mit einer Stärkung der Eigenkapitalbasis soll die N-Bank stärker in die Lage versetzt werden, neue Kredite aufzunehmen und zu vergeben. Dies dürfte auch mit Blick auf die Schuldenbremse unproblematisch sein, da viele andere Länder bereits eine gestärkte Förderbank haben. Was bei der LWG derzeit hochproblematisch erscheint, wäre dort gut denkbar und auch politisch unumstritten.
Dieser Artikel erschien am 04.12.2023 in der Ausgabe #211.
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