Allensbach-Umfrage: E-Auto verliert an Popularität, Heizungsgesetz verwirrt Niedersachsen
Fast 80 Prozent der Niedersachsen sind unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung, drei Viertel von ihnen (74 Prozent) machen ihre Kritik fest am Gebäudeenergiegesetz („Heizungsgesetz“) und den damit verbundenen Kosten, die auf sie zukommen. Das ist das Ergebnis der jüngsten Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach, die im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe erstellt wurde. Von Mitte Dezember bis Mitte Januar hat das Institut 1070 volljährige Niedersachsen nach ihrer Meinung befragt.
Neben der Flüchtlingspolitik besorgt die Niedersachsen kein Thema mehr als die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung. Obwohl das Heizungsgesetz zuletzt weitgehend aus der Berichterstattung verschwunden ist, scheint es in den Köpfen der Menschen nach wie vor sehr präsent zu sein: 62 Prozent der Niedersachsen sehen durch die politischen Vorgaben zum Heizen und zur Energieeffizienz erhebliche Kosten auf sie zukommen, 68 Prozent von ihnen – das sind 42 Prozent der Niedersachsen – sehen sich dadurch sogar finanziell überfordert. Damit hat die negative Einstellung der Bevölkerung gegenüber dem Heizungsgesetz, verglichen mit der letzten Umfrage im Sommer 2023, als das Thema die Schlagzeilen dominierte, nur leicht abgenommen.
Dazu Volker Schmidt, Geschäftsführer der Drei-Quellen-Mediengruppe: „Wenn mehr als sechs von zehn Niedersachsen erhebliche Kostensteigerungen auf sich zukommen sehen und über 40 Prozent der Bevölkerung befürchten, das Heizungsgesetz würde sie finanziell überfordern, hat dies natürlich Einfluss auch auf die Konsumneigung der Menschen. Wer so in Sorge vor der Zukunft lebt, hält sein Geld zusammen. Das Heizungsgesetz ist damit ein Erklärungsgrund für die außergewöhnliche Konsumschwäche, die wir gegenwärtig beobachten – trotz steigender Reallöhne und eines stabilen Arbeitsmarktes.“
Kaufinteresse für Elektroautos seit 2021 stark gesunken
Ob es an der eingedampften Förderung liegt – oder an einem schwindenden Ruf? Das Interesse der Bevölkerung in Niedersachsen, anstelle eines Verbrenners ein E-Auto zu erwerben, nimmt immer weiter ab. Noch im September 2021 erklärten 30 Prozent der Befragten, sie könnten sich die Anschaffung eines E-Autos im Laufe der nächsten Jahre grundsätzlich vorstellen, im Sommer 2023 war dieser Wert auf 25 Prozent gesunken. Aktuell erklären sich nur noch 17 Prozent der befragten Niedersachsen in dieser Weise, dies entspricht fast einer Halbierung der Zahl derjenigen, die noch vor zweieinhalb Jahren positiv angetan waren. Bundesweit notiert Allensbach derzeit nur noch eine Zustimmung von 15 Prozent zum E-Auto.
Diese Entwicklung hat nun auch mit der auslaufenden Förderung zu tun. 40 Prozent der Befragten geben in der Umfrage an, für sie sei das Ende der staatlichen Förderung ein Grund, den Kauf eines E-Autos nicht in Erwägung zu ziehen. Dies sei aber nicht die einzige Ursache für die Skepsis, nicht einmal die dominierende, ermittelte Allensbach. Für die große Mehrheit sind die nach wie vor hohen Anschaffungskosten für E-Autos ein Argument gegen den Wechsel, knapp 60 Prozent ist die Reichweite zu gering. Bemerkenswert: Dass E-Autos wirklich umweltfreundlicher sind, wird mittlerweile von 56 Prozent der Bevölkerung bezweifelt, im letzten Sommer waren es noch 49 Prozent. Das Hauptargument von Politik und Branchenvertretern, mit dem Elektroauto etwas für das Klima zu tun, wird demnach von dem überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht geteilt. Dass Strom zuletzt deutlich teurer geworden ist und es nach wie vor zu wenig Ladestationen für Elektroautos gibt, wird von 53 beziehungsweise 51 Prozent der Bevölkerung als wichtige Argumente gegen die Anschaffung eines Elektroautos angeführt.
Niedersachsen ist nun in besonderer Weise von der E-Mobilität betroffen, da 63 Prozent der Industriebeschäftigten in der Automobilwirtschaft tätig sind.
Dazu erklärt Volker Schmidt: „Die Bundesregierung hält trotz des offensichtlichen Desinteresses der Käufer unbeirrt am Ziel von 15 Millionen E-Fahrzeugen bis 2030 fest. Der Befund aber ist: Die dafür notwendige Marktakzeptanz ist nicht in Sicht. Elektrofahrzeuge drohen, Ladenhüter zu werden, insbesondere gebrauchte E-Autos. Die Hersteller reagieren darauf mit hohen Rabatten, ausbaden müssen diese Entwicklung aber in erster Linie die deutschen Autozulieferer, deren Kostendruck steigt, während die Umsätze aus dem Verbrennergeschäft in Folge der politisch geforderten Ausdünnung des Angebots an Benzinern und Dieselfahrzeugen schrumpfen. Die Hiobsbotschaften von bedeutenden Unternehmen wie Bosch, ZF oder Continental geben einen Vorgeschmack auf das, was sich immer deutlicher abzeichnet: Wir erleben in der Automobilbranche, der deutschen Leitindustrie schlechthin, infolge der Transformation gerade eine ‚Operation am offenen Herzen‘, wobei unklar ist, ob der Patient diesen Eingriff überleben wird. Es lässt sich nicht mehr wegdiskutieren: Zahlreiche Zulieferbetriebe versuchen dem wachsenden Kostendruck in der Komponentenfertigung dadurch zu umgehen, dass sie an günstigere Standorte mit geringeren Energie- und Lohnkosten ausweichen, vorzugsweise nach Südosteuropa.“ Man könne, meint Schmidt, nur immer wieder darauf hinweisen: Den Kauf von Autos gegen den Markt zu erreichen, sei zum Scheitern verurteilt. Aus Sicht der großen Mehrzahl der Käufer müsse ein E-Auto schon ein gleichwertiger Ersatz für den Verbrenner sein.
Angesichts der aktuell ausgesprochen geringen Attraktivität von Elektromobilen und der Dominanz von Autos mit Benzin- und Dieselantrieb auf den Straßen wie auf dem Gebrauchtwagenmarkt kann nicht überraschen, dass die Mehrheit der Bevölkerung generell dem Beschluss des EU-Parlaments, ab dem Jahr 2035 keine neuen Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr zuzulassen, kritisch gegenübersteht: Fast zwei Drittel der Niedersachsen halten diesen Beschluss für falsch, lediglich 19 Prozent unterstützen den Beschluss. Die Unterstützung kommt primär aus den Reihen der Grünen, gefolgt von den Anhängern von SPD und der Linken. Von den Anhängern der Grünen unterstützen 51 Prozent das Verbrenner-Aus ab 2035, von denen der SPD 39 Prozent. Von den Anhängern von FDP, CDU und AfD wird der Beschluss des EU-Parlaments mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.
Dieser Artikel erschien am 15.02.2024 in der Ausgabe #029.
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