Alpha-E — so heißt der charmante Kompromiss, mit dem man sich in Niedersachsen einredete, man könne den Schienenverkehr verdoppeln, ohne eine neue Trasse zu bauen: ein paar Weichen austauschen hier, ein paar Lärmschutzwände da, aber immerhin endlich auf der ganzen Strecke zwei Gleise.
Blöd nur, dass Alpha-E im Grunde diese eine Beziehung war, bei der alle schon immer wussten: Für die Zukunft reicht das nicht. Aber Schlussmachen tut weh, also blieb man lieber zusammen. Und man redete sich ein, ein paar Reparaturen am Gleis würden schon reichen — für die dringend notwendige Verkehrswende in Niedersachsen.

Dabei liegt die Wahrheit seit Jahren auf dem Tisch. Die Strecke Hamburg–Hannover gehört zu den wichtigsten Schienenkorridoren Europas: Güterzüge aus den Häfen, ICEs, Regionalbahnen — alles quetscht sich auf dieselben Gleise. Laut Deutscher Bahn ist die Verbindung rechnerisch zu 147 Prozent ausgelastet. Und selbst wenn Alpha-E komplett umgesetzt wird, sinkt diese Zahl bestenfalls auf rund 125 Prozent. Übersetzt heißt das: Die Strecke bleibt selbst im Idealfall überfüllt, nur mit ein klein bisschen weniger Verspätung.
Die Bahn hat das längst gewusst und zumindest im Expertenkreis auch offen gesagt: Nur sanieren reicht nicht, wir brauchen eine Neubautrasse, ob ihr wollt oder nicht. Viele wollten es nicht hören, weil man den schönen Konsens nicht kaputtreden wollte. Jetzt knallt es – und alle tun überrascht.
Natürlich darf man sich über den Stil aufregen: Kompromisse versprechen, jahrelang verschweigen, was man wirklich bauen will, und dann plötzlich mit der Autobahntrasse rausrücken. Aber wer trotzdem an die Treue zum alten Gleisbett glaubt, darf sich nicht wundern, wenn der Güterverkehr auf der A7 künftig eine Endlos-Karawane auf der rechten Spur von Maschen bis Würzburg bildet.
Am Ende ist es wie bei jeder überfälligen Trennung: Sie tut weh, sie kostet Kraft – aber hinterher fragt man sich meistens, warum man es nicht schon viel früher gemacht hat. Und wer weiß: Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal mit einer Schienenbeziehung, die auch wirklich zu Niedersachsen passt.
Große Pläne, dicke Versprechen, offene Fragen – darum geht’s auch heute im Rundblick. Das sind unsere Themen:
◼ Rot-Grün berät über Haushalt: Vor allem Investitionen stehen im Vordergrund, wenn die Landesregierung am 30. Juni ihren Etatentwurf für 2026 vorstellt. Neue Schulden dürften auch geplant werden.
◼ Tarifabschluss in der Kautschukbranche: Für die Beschäftigten gibt es mehr Geld und einen IGBCE-Mitgliederbonus – doch die Arbeitgeber warnen vor wachsenden Standortproblemen, solange die politische Entlastung weiter ausbleibt.
◼ Unterstützung für die Unis: Niedersachsens Hochschulen spielen noch nicht in der Spitzenliga mit, meint Prof. Jutta Allmendinger. Externe Berater aus der Wissenschaft wollen Politikern und Forschern helfen.
Kommen Sie gut, ehrlich und ohne Verspätungen in die neue Woche!
Ihr Christian Wilhelm Link