14. Mai 2025 · 
MeldungWissenschaft

Neuer Kurs in der Wissenschaftsförderung: Land setzt auf Verbünde statt Einrichtungen

Falko Mohrs (2. v. r.) stellt in der Landespressekonferenz den Strategiewechsel in der Forschungsförderung vor. | Foto: Kleinwächter

Vor gut zwei Jahren kündigte Niedersachsens Forschungsminister Falko Mohrs (SPD) eine „neue Ära der Wissenschaftsförderung“ an. Mehr als eine Milliarde Euro sind seitdem im Einvernehmen zwischen Landesregierung und Volkswagenstiftung in die niedersächsische Forschungslandschaft gesteckt worden. Am Mittwoch nun zog Mohrs gemeinsam mit Georg Schütte, dem Vorstand der Volkswagenstiftung, und Prof. Jutta Allmendinger, der Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen, eine Zwischenbilanz. Dem Land war seinerzeit daran gelegen, die enormen Summen, die sich zum Teil aus der VW-Sonderdividende nach dem Porsche-Börsengang ergeben hatten, nachhaltig zu investieren. „Man kann viel Geld auch falsch ausgeben“, fasste Minister Mohrs diese Herausforderung knapp zusammen. Landesregierung, Volkswagenstiftung und Wissenschaftskommission zeigen sich nun zufrieden mit der eigenen Vorgehensweise. Die neue Ausrichtung der Wissenschaftsförderung drücke sich vor allem darin aus, dass weniger einzelne Einrichtungen, sondern gezielt Forschungsverbünde unterstützt werden, erläuterte Schütte den Strategiewechsel. Prof. Allmendinger sprach von Forschungsräumen, die erschlossen werden sollen. „Das ist die Zukunft: Nicht institutionell, sondern räumlich denken“, sagte die Soziologin aus Berlin.

Mit den Investitionen der vergangenen zwei Jahre wollen die drei Akteure nun erst einen Prozess angestoßen haben, der im weiteren Verlauf eng begleitet werden soll. Schütte nutzte den Begriff des „Transformationsgeldes“: Die bereitgestellten Beträge sollten nicht als Projektmittel verstanden werden, die nach einem gewissen Zeitraum neu beantragt werden können. Vielmehr gehe es darum, den unverhofften Geldsegen nun gezielt einzusetzen, um institutionelle Veränderungen voranzutreiben. Schütte brachte das Beispiel der Digitalisierung im Hochschulsektor, der sich auf Lehre, Forschung und IT-Sicherheit beziehe. Innerhalb des Verbundes „Hochschule.digital Niedersachsen“ müsse man sich nun beispielsweise einigen, welche Software zentral beschafft, welche Anwendungen eingekauft statt selbst programmiert und welche Rechenzentren zusammengelegt werden können. Prof. Allmendinger weitete die Perspektive des vernetzten Arbeitens weiter aus: Es gehe nicht nur darum, in einem Forschungsverbund interdisziplinär zu forschen, sondern auch infrage zu stellen, ob jede Einrichtung künftig noch ihre eigene Pressestelle oder eine Fachstelle für Translation brauchen wird. Ob die bisherigen und künftige Investitionen sich lohnen, will Prof. Allmendinger wissenschaftlich überprüfen lassen. Dazu sei die Fraunhofer-Gesellschaft beauftragt worden, ein entsprechendes Monitoring-System aufzusetzen. Künftig soll anhand dieser Effektanalyse entschieden werden, welche Investitionen fortgesetzt oder doch abgeschlossen werden sollen.

Minister Mohrs hob drei Forschungsverbünde aus der knapp 30 Seiten umfassenden Broschüre zu den Fortschritten im Programm „Zukunft Niedersachsen“ hervor. Im Bereich der Forschung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen verwies er auf das sogenannte „Herzpflaster“, das an der Uni Göttingen entwickelt worden sei. Dieses im Labor gezüchtete Herzmuskelgewebe könne künftig das Überleben sichern und die Lebensqualität erkrankter Menschen erhöhen. Im Bereich der Energieforschung stellte Mohrs ein Projekt heraus, das sich mit dem Effekt der „Verschattung“ durch eine zu geringe Distanz zwischen Windenergieanlagen beschäftigt. Hier gehe es darum, die Effizienz und Haltbarkeit der Anlagen zu steigern. Der dritte Zusammenschluss, den der Minister öffentlich lobte, betrifft den Ernährungssektor. Der ZERN-Verbund bringe die Akteure der Transformation des Agrar- und Ernährungssystems in Niedersachsen zusammen. Darüber hinaus werde ein Fokus auf Quanten- und KI-Forschung gelegt.

  • Spannung vor DFG-Entscheidung: Am kommenden Donnerstag wird die Deutsche Forschungsgesellschaft bekanntgeben, welche Forschungsverbünde künftig als Exzellenz-Cluster gefördert werden. Niedersachsen ist mit neun eigenen und einem grenzübergreifenden Verbund mit Bremen noch im Rennen. Vier Hochschulen können aktuell zudem noch darauf hoffen, anschließend den Status der Exzellenz-Universität zu erreichen. Sowohl Schütte als auch Prof. Allmendinger attestierten Mohrs, sich im Vorfeld intensiv in den Bewerbungsprozess eingebracht zu haben. Mehr zur Exzellenz-Strategie lesen Sie hier.


  • Kluge Köpfe aus den USA: Mit den sogenannten Niedersachsen-Professuren schickt sich das Land an, die klügsten Köpfe anwerben zu können. Das Fördergeld stockt dabei nicht die Gehälter auf, sondern bessert die Ausstattung in den Forschungseinrichtungen aus. Mohrs betonte nun, damit in der aktuellen Phase angesichts der angespannten Lage in den USA auch geopolitisch mitmischen zu können. Angesprochen auf den Sanierungsstau an den Hochschulen setzt Mohrs die Hoffnung auf neue Fördergelder aus der Bundesebene. Angesichts von schätzungsweise zehn Milliarden Euro sei das Land Niedersachsen allein nicht in der Lage, diese Aufgabe zu stemmen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #090.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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