15. Feb. 2024 · 
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Landeswahlleiterin schlägt radikale Änderungen am Wahlkreiszuschnitt vor

Niedersachsens Landeswahlleiterin Ulrike Sachs hat einen radikalen Neuzuschnitt der 87 niedersächsischen Landtagswahlkreise vorgeschlagen. In einem Bericht an Landtagspräsidentin Hanna Naber, der dem Politikjournal Rundblick vorliegt, empfiehlt Sachs zwei drastische Schritte.

Der Wahlkreis Grafschaft Bentheim (bisher Direktmandat Reinhold Hilbers, CDU) soll aufgeteilt werden – die Gemeinden Bad Bentheim, Nordhorn und Schüttorf können ausgegliedert und zu einem eigenständigen Wahlkreis werden. Im Gegenzug sollen im Osten zwei Wahlkreise fusionieren, nämlich Walsrode (bisher Direktmandat Sebastian Zinke, SPD) und Soltau (bisher Direktmandat Karl-Ludwig von Danwitz, CDU).

Hintergrund dieser Empfehlung ist, dass die Bevölkerungsentwicklung drastisch von der vorgegebenen Toleranzgrenze abweicht. So gibt es im Bereich Emsland/Grafschaft Bentheim ein großes Wachstum der Einwohnerschaft, im Heidekreis, in Süd- und Ostniedersachsen eine Abnahme. Die Landeswahlleiterin ist verpflichtet, innerhalb von 15 Monaten nach der Landtagswahl dem Landtag einen Bericht über diese Entwicklung mit entsprechenden Empfehlungen abzugeben. Das ist nun geschehen.

Niedersachsens Wahlkreise für die Landtagswahl | Quelle: LSN

Sachs hat sich auf statistisches Material gestützt – und dabei als Grundlage angenommen, dass die Zahl der Wahlberechtigten je Wahlkreis in etwa gleich sein muss, da es gleiche Erfolgschancen der Bewerber geben muss. Nach niedersächsischen Regeln ist bei einer Abweichung von mehr als 25 Prozent des Durchschnitts nach oben oder unten eine Korrektur fällig. Aus diesem Grund hat der Landtag vor der vergangenen Landtagswahl den Wahlkreis Seesen aufgelöst und den Wahlkreis Lüneburg zweigeteilt.

In ihrer jetzigen Analyse definiert Sachs mit Blick auf die Zahlen von Ende 2022 sechs problematische Wahlkreise: Aurich (Wiard Siebels, SPD), Lingen (Christian Fühner, CDU), Grafschaft Bentheim (Reinhold Hilbers, CDU) und Friesland (Olaf Lies, SPD) liegen knapp unter der 25-Prozent-Marke und stoßen an die Obergrenze. Hier gibt es zu viele Wahlberechtigte. Lüneburg-Land (Philipp Meyn, SPD) und Soltau (Karl-Ludwig von Danwitz, CDU) kratzen auch an der 25-Prozent-Marke, aber sie näheren sich stark der Untergrenze, da es dort zu wenige Wahlberechtigte gibt.

Nun hat die Landeswahlleiterin einige Korrekturvorschläge unterbreitet: In Aurich könnten die Gemeinden Großheide oder Großefehn an den Wahlkreis Wittmund-Inseln angegliedert werden, in Friesland könnten die Insel Wangerooge und die Gemeinde Wangerland dem Wahlkreis Wilhelmshaven (Marten Gäde, SPD) zugeschlagen werden. Zwischen Bad Bentheim und Lingen könnte es auch den Wechsel einiger Gemeinden geben – doch das hätte, wie Sachs ausführt, erhebliche Folgewirkungen auf fast alle Emsland-Wahlkreise, da in dieser Gegend generell ein hohes Bevölkerungswachstum besteht.

Was Lüneburg-Land angeht, könnte es Verschiebungen mit dem anderen Lüneburger Wahlkreis geben. Zu Soltau wägt die Landeswahlleiterin mehrere Vorschläge ab: Wietzendorf könnte vom Wahlkreis Walsrode abgezogen und dem Wahlkreis Soltau zugeordnet werden, man könnte Wietze vom Wahlkreis Celle umgliedern zum Wahlkreis Walsrode. Visselhövede könnte vom Wahlkreis Rotenburg zum Wahlkreis Walsrode kommen, Kirchlinteln vom Wahlkreis Verden zum Wahlkreis Walsrode, aber auch Winsen/Aller vom Wahlkreis Bergen zum Wahlkreis Walsrode.

Vorzug genießt bei Sachs nun aber die Idee, die Wahlkreise Walsrode und Soltau zu verschmelzen. Dieser neue Wahlkreis hätte zunächst dann noch zu viele Wahlberechtigte, deshalb müssten in der Folge die Gemeinden Munster, Schneverdingen oder Bispingen an einen Nachbar-Wahlkreis gehen, etwa an Lüneburg-Land.

Die Vorschläge von Sachs dürften demnächst in den Landtagsausschüssen diskutiert werden, dabei spielt stets die Frage eine Rolle, ob sich mit der Umgliederung von Gemeinden in andere Wahlkreise die Erfolgschancen der Direktbewerber von SPD, CDU und Grünen ändern. In der vergangenen Wahlperiode hatte der Landtag mehrere Jahre gebraucht, bis er sich auf eine Reform des Wahlkreiszuschnitts verständigt hatte.

Dieser Artikel erschien am 16.2.2024 in Ausgabe #030.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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