Für Angela Hohmann aus Altencelle bei Celle war es bisher eine richtig gute Zeit, wie sie selber sagt. 2018 nutzte die Sozialversicherungsfachangestellte die Chance, frühzeitig aus dem Beruf auszuscheren – und sich verstärkt in die Kommunalpolitik ihrer Region einzubringen. „Das sind seither fünf ganz tolle Jahre“, berichtet sie dem Politikjournal Rundblick. Diese Epoche endet jetzt, und der Grund dafür liegt weit von Niedersachsen entfernt.

Die Nachwahlen zur Bundestagswahl in Teilen von Berlin haben zur Folge, dass die SPD ein Ausgleichsmandat im Landesverband Berlin verliert. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Ana-Maria Trăsnea muss ihren Platz räumen. Dafür rückt eine Politikerin auf der niedersächsischen SPD-Landesliste in den Bundestag nach – und das ist nun ausgerechnet Angela Hohmann aus Altencelle. Wie fühlt man sich, wenn man nun so plötzlich und unverhofft doch in den Bundestag kommt? „Das ist ein surreales Gefühl“, sagt sie und scheut sich nicht, ganz offen hinzuzufügen: „Es war jedenfalls nicht mein Traum, unbedingt im Bundestag zu sitzen.“
Große Freude klingt nun anders, und doch will Hohmann das beste aus der Situation machen. Die volle Konzentration auf die Kommunalpolitik jedenfalls wird wohl so wie bisher nicht mehr möglich sein. Sie ist Fraktionschefin der SPD im Kreistag, und das ist eine Position, in der viele Fäden zusammenlaufen und zahlreiche Sachfragen erörtert werden – zumal der Kreis Celle flächenmäßig nicht zu den kleineren zählt. Nun kommt die Bundestagsarbeit hinzu. Und das heißt: Einstellen von Mitarbeitern, Eintauchen in die Ausschussarbeit, viele Sitzungen in Berlin und in anderen Orten der Republik. 20 Monate dauert diese Wahlperiode des Bundestages noch. Auf die Frage, ob der Ausflug in die Berliner Politik dann für sie wieder beendet sein wird, antwortet sie professionell: „Das werden wir sehen, ich weiß es noch nicht.“ Sie sei mit ihren 60 Jahren jedenfalls „fit wie ein Turnschuh“ und voll motiviert.
Für den anderen Celler Bundestagsabgeordneten von der SPD, den ebenfalls ins Parlament nachgerückten Dirk-Ulrich Mende (66), gelte das ebenfalls. So hat der Wahlkreis Celle-Uelzen nun fünf Abgeordnete im Bundestag, neben Hohmann und Mende noch den Wahlkreissieger Henning Otte (55) von der CDU, Anja Schulz (36) von der FDP sowie den AfD-Politiker Thomas Ehrhorn (64).

Wie kam es nun dazu, dass Angela Hohmann überhaupt auf die SPD-Landesliste kam? Als die niedersächsische SPD ihre Landesliste zur Bundestagswahl 2021 aufstellte, präsentierte man 65 Namen. Zunächst wurden jene Bewerber ausgewählt, die auch als Direktkandidaten in einem Wahlkreis angetreten sind – und zwar in der Weise, dass die Bewerber mit der höchsten Siegeswahrscheinlichkeit im Wahlkreis eher einen hinteren Listenplatz bekamen. Irgendwann wird dann die Landesliste „aufgefüllt“ mit Bewerbern, die in der Regel zu weit hinten stehen für einen Wahlerfolg. So war es auch bei Hohmann, sie war eine Kandidatin mit von vornherein eher mageren Erfolgschancen. Und in einem Wahlkreis trat sie erst gar nicht an, in Betracht wäre wohl auch nur Celle-Uelzen gekommen, dort aber bewarb sich ja schon Mende.
Dass sie gleichwohl auf Rang 28 der Landesliste kam, also noch auf eine Position in der ersten Hälfte der Liste, lag an zwei Faktoren: Es musste eine Frau kandidieren, und zwar eine aus dem SPD-Bezirk Hannover. Beides traf für Hohmann zu. Im September 2021 schien dann am Wahlabend aber klar zu sein, dass es für ein Bundestagsmandat bei ihr nicht reichen würde. Dann aber kamen weitere Schritte: Zwei Bundestagsabgeordnete (erst Falko Mohrs, dann Andreas Philippi) schieden dort aus, weil sie Landesminister in Hannover wurden. Die Abgeordnete Yasmin Fahimi legte ihr Mandat nieder, da sie neue DGB-Vorsitzende wurde. Dass die Nachwahl in Berlin nun auch die niedersächsische SPD-Liste in Bewegung brachte, liegt an der komplizierten Berechnung von Überhang- und Ausgleichsmandaten. Für die Ausgleichsmandate ist die Stärke der Parteien in den jeweiligen Ländern relevant – und da die Berliner SPD bei der Nachwahl schwächelte, die Niedersachsen-SPD aber 2021 in ziemlicher Stärke glänzte, fällt das Mandat nun den Niedersachsen zu.