Kabinett geht noch weiter: Für Haus-Umbauten entfällt die Genehmigungspflicht
Die Landesregierung geht bei der Reform der Bauvorschriften noch einen Schritt weiter als ursprünglich geplant. Wenn es um die Umbauten von älteren Gebäuden geht, etwa die Aufstockung eines Mehrfamilienhauses um ein oder zwei Geschosse, soll der Antragsteller keine Genehmigung vom Bauamt der Stadt mehr einholen müssen. „Es gibt die Verantwortlichkeit des Entwurf-Verfassers“, sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) am Dienstag. Das heißt, dass der Antragsteller lediglich die Baubehörde seiner Kommune informieren muss. Die Verantwortung für das, was als Umbau geplant ist, trägt daraufhin der Antragsteller.
„Natürlich muss die Standsicherheit des Gebäudes gewährleistet sein und die Brandschutz-Regeln müssen eingehalten werden, außerdem muss der Entwurfsverfasser qualifiziert sein“, fügte Lies hinzu. Im ersten Vorschlag für die Umbau-Ordnung, der im vergangenen Jahr vorgelegt wurde, hatte die Landesregierung noch die Genehmigungspflicht durch die kommunalen Bauämter geplant. Doch dann hatten die Kommunalverbände offenbar selbst angeregt, dass das Land sie davon entlasten soll.
Der Vorschlag von Lies, dem das Kabinett am Dienstag zustimmte, wird in den kommenden Wochen in den Landtagsgremien beraten und vom Landtag vermutlich zur Jahresmitte beschlossen werden. „Das ist hier eine richtig große Novelle, die wir vorhaben. Sie ist mit dem Risiko verbunden, dass man auch mal einen Schritt zu weit geht. Sollte das so sein, werden wir es dann wieder korrigieren“, erläuterte der Minister. Der Entwurf trage die Überschrift „Der Staat muss auch loslassen können.“ Im Wesentlichen sieht die neue Umbau-Ordnung vor, dass es bei einer Aufstockung der Gebäude um bis zu zwei Stockwerke keine Pflicht zum Einbau eines Fahrstuhles mehr geben muss.
Auch müssen die Lärmschutz-Vorgaben und andere Bau-Standards nicht mehr auf dem aktuellen Stand sein – es würde genügen, die Vorschriften anzuwenden, die bei der Entstehung des Gebäudes gültig gewesen waren. Das alles soll praktisch für sämtliche Umbauten gelten. Ausgenommen sind große Gebäude wie Schulen, Altenheime oder Krankenhäuser. Lies rechnet nun damit, dass es in der politischen Diskussion im Landtag Widerstände geben wird, vor allem wegen Einschränkungen der Barrierefreiheit bei Umbauten. „Die Frage wird aber sein: Erleichtern wir Umbauten, oder lassen wir es dabei, dass Baupläne wegen der hohen und teuren Standards unterbleiben“, sagte der Minister.
Auch für Neubauvorhaben soll es nach den Plänen von Lies neue Vorschriften geben: Die Grenzabstände sollen verringert werden, damit Grundstücke noch stärker bebaut werden können. Bisher gibt es die Pflicht, für jede neue Wohnung einen Stellplatz für Autos vorzusehen. Diese Verpflichtung will die Landesregierung streichen, trotz erheblicher Vorbehalte der Kommunalverbände. Die „Genehmigungsfiktion“ steht auch im Gesetzentwurf: Wenn ein Bauantrag binnen drei Monaten nicht entschieden wurde, gilt der Bauantrag als bewilligt.
Auch bei Neubauvorhaben ist geplant, die Baustandards etwa bezüglich der Geschossdecke und der Lärmdämmung abzusenken. Lies erwartet eine Debatte im Landtag auch darüber, ob Brandschutz-Anforderungen so hoch gehalten werden müssen wie es in den bisherigen Vorschriften noch geschieht. Von den Koalitionsfraktionen kam Zustimmung. Frank Henning (SPD) sagte, mit den Vorschlägen der Regierung könne „schneller mehr Wohnraum geschaffen werden“. Heiko Sachtleben (Grüne) sagte, mit der Reform werde „das Bauen deutlich günstiger“.
- Einkommensgrenzen steigen: Die Einkommensgrenzen für den Anspruch auf geförderten Wohnraum sollen angehoben werden – von bisher 17.000 Euro auf 21.500 Euro bei einem Einpersonen- und von 23.000 Euro auf 28.750 Euro bei einem Zweipersonenhaushalt. Das ist eine Steigerung um 25 Prozent für diejenigen, die einen Wohnberechtigungsschein beantragen wollen.
Dieser Artikel erschien am 10.04.2024 in der Ausgabe #066.
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