Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) plant mit der Reform der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO) einige gravierende Änderungen. Künftig soll es eine sogenannte „Genehmigungsfiktion“ geben. Überall dort, wo Bauanträge für Wohnungsbau im vereinfachten Verfahren bearbeitet werden können, ist befristet bis 2026 eine besondere Vorschrift vorgesehen: Wird von der zuständigen Gemeinde der Bauantrag binnen drei Monaten nach Eingang im Amt nicht bearbeitet, so gilt das Vorhaben automatisch als genehmigt.

Olaf Lies (von links) stellt in der Landespressekonferenz mit LPK-Vorstand Niklas Kleinwächter und MW-Sprecher Christian Budde den Entwurf für die Novelle der Niedersächsischen Bauordnung vor. | Foto: Wallbaum

Bedingung dafür ist aber, dass der Antrag entscheidungsreif ist, also alle Unterlagen vollständig und mängelfrei sind. „Das ist ein Vorschlag, der sicher auch auf Kritik stößt. Vor fünf Jahren hätten wir ihn auch noch nicht unterbreitet. Inzwischen ist die Lage aber eine andere“, sagte Lies bei der Vorstellung seiner Pläne in der Landespressekonferenz. Zum „vereinfachten Genehmigungsverfahren“ sollen alle Ein- und Mehrfamilienhäuser gehören, nicht aber Hochhäuser und besondere und aufwendig entworfene Bauvorhaben.

Lies fragt jetzt die Interessensverbände nach ihrer Meinung zum Entwurf der NBauO, auch aus dem Kabinett und der Öffentlichkeit erwartet er nach eigenen Worten weitere Hinweise. „Alle Vorschläge, die das Bauen einfacher und unkomplizierter machen, sind willkommen. Wir haben gemeinsam die Chance auf einen großen Wurf für das erleichterte Bauen“, betonte der Sozialdemokrat und fügte hinzu: „Wir als Niedersachsen können bundesweit Vorreiter sein.“ Die Pläne der Landesregierung sehen vor, dass ein nach der Verbandsbeteiligung überarbeiteter Entwurf an den Landtag geht – sodass die Landtagsabgeordneten ihn dann vor der Sommerpause im Juni nächsten Jahres endgültig beschließen können.

Lies ging auf Fragen ein, ob angesichts der komplizierten Vorschriften in Deutschland nicht eine bundeseinheitliche Bauordnung anstelle der 16 Länder-Bauordnungen sinnvoller sei. „Das ist sicher nicht so. Denn das, worauf sich 16 Bauminister und -senatoren verständigen können, wird vermutlich detaillierter sein als alles andere. Dies dürfte Stillstand bedeuten“, betonte der Minister. Daher sei es besser, wenn ein Wettbewerb unter den Ländern über die geringste Vorschriftendichte gestartet wird. Das Konzept seines Hauses, das im ersten Durchgang vom Kabinett gebilligt wurde, sieht nun neben der „Genehmigungsfiktion“ mehrere Punkte vor:

Weniger Grenzabstände: Wenn es um den Umbau bestehender Gebäude geht, darf näher bis zur Grundstücksgrenze gebaut werden als bisher. Die alte Regel (0,5 der Höhe des Hauses als Abstand) wird jetzt auf 0,4 reduziert. Auch für den Neubau sollen die Grenzabstände verringert werden.

Maßstab ist das Baujahr: Wird in einem Gebäude ein Stockwerk aufgestockt, so gelten dafür die Bauvorschriften des Jahres, in dem das Haus gebaut wurde – nicht aber die aktuellen Vorgaben, beispielsweise für die Ausstattung der Treppen.



Gebäudetyp E: Wenn es um vereinfachtes Bauen geht, spielt der Gebäudetyp E eine Rolle, der laut Bundesrecht auch Abweichungen von den bisherigen Bauvorschriften erlauben soll. Lies nennt Beispiele: Die doppelte Verschalung der Treppenhäuser ist nicht mehr zwingend, die Geschossdecken können dünner sein als bisher. Die Pflicht, Aufzüge anzulegen, soll hier auch gelockert werden. „Vielleicht ist es ja ganz sinnvoll, wenn man in Zukunft den Nachbarn im Treppenhaus hören kann. Dann weiß man wenigstens, dass es ihn noch gibt“, erklärt dazu Lies.

Einfache Typengenehmigung: Vereinfachte Bautypen, die in anderen Bundesländern zugelassen sind, soll man auch in Niedersachsen anwenden können – so werden dann für diese Vorgaben die notwendigen Genehmigungen entbehrlich.

Parkplatzpflicht: Der Entwurf von Lies sieht vor, dass die Nachweispflicht für Parkplätze bei Neubauten entfällt. Dieser Gedanke hat bereits bei den Kommunalverbänden zu Stirnrunzeln geführt, da sie um ein ausreichendes Angebot an Stellplätzen bangen. Außerdem soll es bei Umbauten nicht mehr möglich sein, nachträglich den Bau von Kinderspielplätzen als Gegenleistung für die Schaffung von neuem Wohnraum zu verlangen.



Der CDU-Wirtschaftssprecher Marcel Scharrelmann sagte, die Vorschläge von Lies reichten nicht aus. Nötig seien weitere Schritte, so etwa die Halbierung der Grunderwerbsteuer für Erstimmobilien. Im Bundesrat solle Niedersachsen dafür sorgen, dass die energetischen Anforderungen für KfW-Förderungen gesetzlich abgesenkt werden.