Die Bettensteuer ist in Niedersachsen auf dem Vormarsch. Nach Hannover haben zum 1. Juli auch Laatzen, Leer und Bleckede eine Übernachtungsabgabe eingeführt – Hildesheim zieht Anfang 2025 nach. „Das ist erst die Spitze des Eisbergs, weil alle Kommunen unter Finanznot leiden“, befürchtet Renate Mitulla vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Niedersachsen.

Immer mehr Kommunen sorgen mit der Einführung einer Bettensteuer zu Preissteigerungen bei den Übernachtungen und Unzufriedenheit bei den Hotelgästen. | Foto: GettyImages/Chong Kee Siong

In vier Städten ist die Bettensteuer zur Haushaltskonsolidierung bereits in Vorbereitung: Hameln erhofft sich durch den „Rattenfängertaler“, der ab 2025 kommen könnte, jährlich etwa 1,2 Millionen Euro extra. Emden spekuliert auf eine Million Euro, Langenhagen rechnet mit bis zu 670.000 Euro. Springe verspricht sich jährlich eine halbe Million Euro, was angesichts der klammen Haushaltslage selbst die skeptische Opposition überzeugt. „Der potenzielle Betrag ist zu groß, um die Option nicht zu ziehen, und kann in der Höhe den Zuschussbedarf der Kommune für eine neue Kindertagesstätte zu großen Teilen decken“, wird Bastian Reinhardt, Gruppenchef von SPD, Grüne und Linke, in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ zitiert.

Zu den Pionieren der Bettensteuer in Niedersachsen zählen die Städte Lüneburg und Cuxhaven. Weil sich die Hoteliers jedoch teils erfolgreich gegen die Zusatzabgabe vor Gericht wehrten, trauten sich nur wenige Kommunen an das Thema heran. Erst nachdem das Bundesverfassungsgericht 2022 die Bettensteuer auch für Geschäftsreisende als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärte, kam die Zurückhaltung ins Wackeln. Seit der Einführung der Bettensteuer in der Landeshauptstadt zum 1. Januar 2024 brechen nun offenbar alle Dämme. Die meisten Städte erheben eine prozentuale Abgabe. Am niedrigsten ist der Steuersatz in Cuxhaven (2,75 Prozent), dahinter folgen die Gemeinde Lemförde im Kreis Diepholz sowie die Stadt Leer (jeweils 3 Prozent), Hann. Münden (3,5 Prozent), Bleckede, Hildesheim, Lüneburg und Adendorf (jeweils 4 Prozent) sowie Amt Neuhaus und Laatzen (jeweils 5 Prozent). Hannover wiederum setzt wie das Vorbild Hamburg auf ein Stufenmodell mit Festbeträgen, das vom Dehoga wegen seiner Komplexität besonders scharf kritisiert wird.

Dreifaches Scheitern in Celle

In der Stadt Celle scheiterte die Einführung einer Bettensteuer in der jüngsten Ratssitzung bereits zum dritten Mal, nachdem es bereits 2014 und 2019 entsprechende Vorstöße gegeben hatte. Ein oppositionelles Bündnis hatte eine „Kulturförderabgabe“ angeregt, um die Kulturbetriebe der Stadt finanziell zu unterstützen. Kulturdezernentin Susanne McDowell winkte jedoch ab: „Unseren Kultureinrichtungen geht es gut. Eine Förderabgabe braucht es hier nicht zum Erhalt“, sagte sie laut der „Celleschen Zeitung“. Der Rat votierte mit 23 zu 17 Stimmen gegen den Vorschlag – zur Erleichterung der Hoteliers. Jörg Bode, der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes „Unternehmer Celle“, bezeichnete die Bettensteuer als ein „für den Tourismus schädliches Sonderopfer“.

Jörg Bode | Foto: Unternehmer Celle/Lorena Kirste

Eine Verteuerung der Hotelpreise im Celler Stadtgebiet könne Touristen nicht nur dazu motivieren, im günstigeren Umland zu übernachten oder gar nicht erst anzureisen. Eine Bettensteuer bedeute vor allem auch einen „erheblichen finanziellen und bürokratischen Mehraufwand für Hoteliers und andere Anbieter von Übernachtungsmöglichkeiten“. „Statt eine Sonderabgabe zu beschließen, sollten wir vielmehr darüber nachdenken, wie man den Tourismus als Ganzes und damit auch die dadurch entstehenden Steuereinnahmen stärken kann“, sagte der frühere niedersächsische Wirtschaftsminister.

Hildesheimer doppelt enttäuscht

Aus Sicht der Hotellerie tut die Bettensteuer in Hildesheim gleich doppelt weh. „Hier wird eine einzelne Branche zum Stopfen von Haushaltslöchern herangezogen“, ärgert sich Dehoga-Kreisvorsitzender Peter Aumann vom Landhotel Hamburger Hof in Söhlde. Dehoga-Geschäftsführerin Mitulla trauert außerdem einer verpassten Chance hinterher. „Wir hatten in Hildesheim viele zusätzliche Buchungen seitens der Industrie und von Privatgästen seit Einführung der Bettensteuer in Hannover“, berichtet Mitulla. Sie geht davon aus, dass sich viele dieser Gäste nun einen anderen Übernachtungsort suchen werden, an dem sie keine Zusatzsteuer zahlen müssen. Touristen und Geschäftsreisende seien mittlerweile so preissensibel geworden, dass bei der Standortwahl bereits wenige Euro den Unterschied machen könnten.

Renate Mitulla | Foto: Dehoga

Irreführung in der Südheide

Die Gemeinde Faßberg hat zum 1. Juli eine „KulTourTaxe“ (Kultur- und Tourismustaxe) eingeführt. Das klingt zwar zunächst nach einer Kurtaxe, tatsächlich handelt es sich aber um eine Steuer. Der Gast bekommt für seine Abgabe nämlich keine Gegenleistung, das Geld fließt als Deckungsmittel in den Haushalt. Dort soll es zwar per Selbstverpflichtung des Rates „speziell für die Förderung des Tourismus und die Verbesserung der touristischen Infrastruktur“ verwendet werden. Der Steuerzahler erhält dafür aber weder eine Garantie noch eine konkrete Gegenleistung.

Die Abgabe in der kleinen Gemeinde im Norden des Landkreises Celle ist auch in anderen Punkten bemerkenswert: Bei der Bettensteuer in Faßberg handelt es sich nicht um eine prozentuale Abgabe, sondern um einen Festbetrag von 1,50 Euro pro Nacht und Person über 18 Jahre beziehungsweise 2,50 Euro pro Nacht für einen Stellplatz auf dem Campingplatz mit mehreren Personen. Das bedeutet, dass die Übernachtung in der Jugendherberge denselben Preisaufschlag erfährt wie die in einem Drei-Sterne-Hotel.

Die „KulTourTaxe“ der Gemeinde Faßberg macht die Übernachtungen in der einzigen Jugendherberge im Landkreis Celle in Müden/Örtze teurer. | Foto: DJH

Die Gemeinde verspricht sich dadurch bis zu 250.000 Euro zusätzlich pro Jahr, was angesichts der insgesamt nur rund 100.000 Übernachtungen, die das Statistische Landesamt jährlich in der Gemeinde Faßberg erfasst, eine sehr optimistische Rechnung darstellt. Erstaunlich ist auch das Tempo, mit dem die Bettensteuer nach monatelanger Debatte letztlich durchgepeitscht wurde: Nachdem der Rat die Taxe am 20. Juni beschlossen hatte, wurde sie am 25. Juni im Amtsblatt des Landkreises veröffentlicht und trat bereits zum 1. Juli in Kraft.

Alternativen zur Bettensteuer

Eine Alternative zur Bettensteuer stellt der Gästebeitrag dar. Dieses Modell ist etwa in der Stadt Goslar oder auch in anderen Urlaubsorten im Harz wie Clausthal-Zellerfeld, Braunlage oder Bad Harzburg üblich. Wer dort Urlaub macht, zahlt pro Übernachtung eine Gebühr, die in einer Gästebeitragssatzung festgelegt wird. Dort steht auch, wer den Beitrag zahlen muss, wer befreit ist oder eine Ermäßigung erhält und wofür die Kommune die Einnahmen verwenden darf. In Goslar beispielsweise finanzieren die Touristen mit ihrer Abgabe das Weltkulturerbe Rammelsberg, die Kaiserpfalz und das Goslarer Museum sowie diverse Veranstaltungen. Im Gegenzug erhalten die „unfreiwilligen Sponsoren“ eine Gastkarte, die dort ermäßigten Eintritt und andere Vergünstigungen ermöglicht – unter anderem auch kostenloses Busfahren mit dem Harzer Urlaubs-Ticket „Hatix“.

Für Touristen, die den Gästebeitrag in Goslar bezahlen, ist der Eintritt in die Kaiserpfalz ermäßigt. Der Beitrag beträgt 2,30 Euro pro volljähriger Person und Übernachtung. | Foto: Goslar Marketing GmbH/Stefan Schiefer

Bei den Tourismusverbänden und dem Dehoga ist aber vor allem die Tourismusabgabe beliebt. Diesen Beitrag muss jeder selbständig Tätige, der über eine gewisse Dauer einen mittel- oder unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen durch den Tourismus hat, entrichten. Der Fremdenverkehr wird bei diesem Modell nicht nur durch die Hoteliers, sondern auch durch Gastronomen, Einzelhändler, Dienstleister, Zulieferer oder Handwerker finanziert. „Dieses Modell ist fairer, aber das wollen die Städte nicht, weil es für sie mit sehr viel Aufwand verbunden ist“, weiß Dehoga-Geschäftsführerin Mitulla. Zudem hätten die Kommunen dann nicht nur mit dem Widerstand der Hoteliers zu kämpfen, sondern würden auch den Gegenwind von IHK und anderen Verbänden verspüren. Davor würden die meisten zurückschrecken.

Steuern auf die Steuer

Der Dehoga kritisiert auch, dass auf die Bettensteuer weitere Steuern und Abgaben aufgeschlagen werden. Auf den Übernachtungspreis und die Bettensteuer wird nämlich am Ende auch noch die Mehrwertsteuer erhoben. Zudem berechnen Buchungsplattformen wie Booking.com ihre Provisionen nach dem Preis inklusive Bettensteuer. Die Hoteliers stehen also vor der Wahl, entweder ihre eigene Marge zu reduzieren oder den Bettensteuersatz plus X auf den Preis aufzuschlagen. Ausnahmen stellen etwa Kurtaxen, Tourismusbeiträge oder auch die Faßberger „KulTourTaxe“ dar, bei denen der Steuerschuldner der Gast ist. Diese Abgaben tauchen nicht im Hotelpreis auf, sondern landen als Extraposten auf der Rechnung.

Land könnte Notbremse ziehen

Bayern hat im März als erstes und bislang einziges Bundesland seinen Kommunen verboten, eine Übernachtungssteuer zu erheben. Dem Verbot war ein Beschluss der Stadt München vorausgegangen, die eine Bettensteuer in Höhe von fünf Prozent einführen wollte. Die Landeshauptstadt zog daraufhin im August 2023, unterstützt von anderen SPD-geführten Städten, vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof. Die Kommunen wehren sich gegen eine aus ihrer Sicht „massive Einschränkung der Finanzierung kommunaler Haushalte“. „Eine Übernachtungssteuer schadet dem Tourismus“, hält Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dagegen. Eine Entscheidung steht noch aus. Die niedersächsische Landesregierung hat sich zur Bettensteuer bislang nicht positioniert.