Die CDU in der Stadt Braunschweig begehrt auf: Es werde darüber spekuliert, dass die Braunschweiger Versorgungsbetriebe aus den Harzwasserwerken (HWW) aussteigen wollten, heißt es in einem Brief des Kreisvorsitzenden Carsten Müller und seines Stellvertreters Claas Merfort an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Braunschweiger Versorgungsbetriebe, Oberbürgermeister Thorsten Kornblum (SPD). Die Versorgungsbetriebe nennen sich „BS-Energy“ und gehören teilweise der Stadt.

Wenn BS-Energy tatsächlich den bisherigen Anteil von 10,10 Prozent veräußert, könne das kurzfristig aus Sicht des Unternehmens vielleicht sinnvoll sein, meinen die beiden Christdemokraten. Das stehe dann aber im Widerspruch zu übergeordneten Interessen der Stadt Braunschweig und der Region. Denn die HWW würden sich ja nicht nur um Trinkwasserversorgung kümmern, sondern auch um Hochwasserschutz. Sie hätten daher eine Stärkung verdient, die Überlegungen in der Stadt Braunschweig hingegen zielten auf eine Schwächung.
Die Mutmaßungen über eine Veränderung in der Eigentümerschaft der HWW bekamen vor wenigen Wochen neue Nahrung. BS-Energy entschied sich, dem Wasser aus den Harzer Talsperren, das über die HWW geliefert wird, auch Grundwasser aus dem Kreis Wolfenbüttel beizumischen. Einige besorgte Bürger meinen nun, seitdem habe sich der Härtegrad des begehrten Produktes zum Nachteil verändert. Ein Großteil des Wassers kommt zwar weiter aus dem Harz, aber eine zweite Säule für die Versorgung in Braunschweig soll offenbar aufgebaut werden. In der „Braunschweiger Zeitung“ wurde berichtet, dass das Verhältnis zwischen den Harzwasserwerken und BS-Energy „angespannt“ sei. Die HWW-Führung reagiere irritiert auf Braunschweiger Absichten, weniger Wasser als bisher abzunehmen.

Zitiert wurde auch der frühere Braunschweiger Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD), der sich unzufrieden zeigte mit der HWW-Preispolitik. Die Braunschweiger seien zwar der größte Kunde des Versorgers, würden aber nicht annähernd den geringsten Preis zahlen, soll Markurth gesagt haben. Bis 1996 waren die Harzwasserwerke, die 1928 gegründet wurden und sich vor allem auf sechs Talsperren im Harz stützen, in der Eigentümerschaft des Landes Niedersachsen. Die Privatisierung führte dazu, dass viele kleinere Versorger Anteile erwarben, darunter die Avacon mit 20,8 Prozent, die Stromversorgung Bremen mit 17,4 Prozent und ein Verbund von 39 kommunalen Versorgern mit 25,1 Prozent. Er hat seinen Sitz in Syke (Kreis Diepholz). Kleinere Teilhaber sind noch die Stadtwerke in Wolfsburg, Hildesheim, Göttingen und Hannover, außerdem die Hamburger Wasserwerke, die aber kein HWW-Kunde sind.
Nun haben Müller und Merfort die Sorge, dass bei einer Neuordnung der Eigentümerstruktur der kommunale Einfluss aus der Region Braunschweig/Harz verloren gehen könnte. Das wäre dann, schreiben sie an Kornblum (SPD) als BS-Energy-Aufsichtsratschef, „nicht im öffentlichen Interesse“. Kornblum solle die regionale Beteiligung retten. Aus CDU-Sicht droht im Fall des Verkaufs sogar ein überragendes Gewicht eines einzigen Gesellschafters. Wer das sein könnte, schreiben sie nicht. Vermutet wird aber, dass es sich um die Bremer Gesellschaft swb handeln könnte – und die Bremer bei einer Neuordnung die Dominanz in den Harzwasserwerken bekämen.
Das wäre aber in den Augen von Müller und Merfort nicht gut für die Position Niedersachsens. Sie bringen eine andere Variante ins Spiel: BS-Energy könne seine Beteiligung verstärken statt verringern – und denkbar wäre es auch, dass das Land Niedersachsen „den Fehler von 1996 ausbügelt“ und wieder einsteigt in das Unternehmen. Die SPD-Alleinregierung unter Gerhard Schröder hatte 1996 unter Sparzwängen die Privatisierung des Unternehmens durchgesetzt. Müller meint, dass dies ein großer Fehler gewesen sei.