ADAC: Hannoveraner sind zufriedener als Pendler
Der Straßenverkehr in Niedersachsens Landeshauptstadt ist ein politisch heikles Thema. Eine neue Umfrage des ADAC liefert dazu nun neue Erkenntnisse. Demnach wird die Verkehrssituation in Hannover insgesamt eher positiv bewertet, die Landeshauptstadt landet im Vergleich von 15 deutschen Großstädten auf dem fünften Platz. Angeführt wird diese Liste von Dresden und Leipzig. Auffällig an den hannoverschen Ergebnissen ist, dass die Stadtbewohner deutlich zufriedener sind als jene, die aus dem Umland hineinpendeln müssen. Fast anderthalb Millionen Menschen seien regelmäßig in Hannover unterwegs. Rund 70 Prozent davon kämen allerdings von außerhalb, berichtet der Autoclub. Aus beruflichen oder privaten Gründen führe der Weg sie mindestens zweimal pro Woche nach Hannover.
Das überwiegend genutzte Verkehrsmittel bleibt dabei unangefochten bei allen Verkehrsteilnehmern in der Landeshauptstadt das Auto, rund 90 Prozent bewegten sich im vergangenen Jahr an mindestens drei Tagen damit fort. Den öffentlichen Personennahverkehr nutzten demnach 77 Prozent an mindestens drei Tagen, wobei die Einwohner öfter darauf zurückgriffen als Pendler aus dem Umland. Das Fahrrad wurde von lediglich 45 Prozent als Verkehrsmittel angegeben – auch hier liegt der Anteil bei den Hannoveranern höher als bei den Bewohnern der Umlandkommunen. Allerdings: Im Vergleich zur vorherigen Erhebung aus dem Jahr 2017 stieg der Anteil der Radfahrer um sechs Prozentpunkte. Zu Fuß bewegten sich im vergangenen Jahr 88 Prozent der Befragten an mindestens drei Tagen weiter als 300 Meter durch die Stadt, auch hier ist ein Anstieg zur vorherigen Erhebung festzustellen.
Nils Horschick, verkehrspolitischer Referent beim ADAC Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, benennt mehrere Gründe für die verhältnismäßig schlechtere Bewertung durch die Pendler. So hätten diese meist einen schlechteren Zugang zum innerstädtischen ÖPNV, der von den Hannoveranern gemeinhin als sehr gut bewertet werde. „Für die Stadtgröße ist der ÖPNV übermäßig gut aufgrund der U-Bahnen und der Busse, die sehr verlässlich sind“, sagt Horschick.
Die Kernstadt mit der S-Bahn zu erreichen, sei im vergangenen Jahr hingegen für viele herausfordernd gewesen. Mit dem neuen Anbieter Transdev hatte es Schwierigkeiten bei der zuverlässigen Bereitstellung der Züge gegeben, mit denen täglich viele Pendler nach Hannover kommen. Als besonders problematisch bezeichnet Horschick allerdings das inzwischen vielerorts marode Schnellwegenetz der Landeshauptstadt in Verbindung mit einem schlechten Baustellenmanagement. Dieses werde von den Verkehrsteilnehmern in Hannover wesentlich schlechter bewertet als im Bundesschnitt, so der ADAC-Experte. Der Autoclub fordert deshalb, dass die Abstimmungsintervalle zwischen allen beteiligten Akteuren hier verkürzt werden müssten. Auch sollten die Stadt und die Region Hannover die Koordination untereinander intensivieren.
Beim ADAC hat man erkannt, dass der steigende Verkehrsdruck die Mobilität für alle Teilnehmer zu einem weniger attraktiven Erlebnis macht. Das drückt sich auch darin aus, dass die Gesamtzufriedenheit mit der Verkehrslage in allen Großstädten abgenommen hat. Horschick spricht von einem „Wettkampf auf niedrigerem Niveau“. Daraus leitet der Verband weitere Ideen ab:
Radschnellverbindungen ausbauen: Der Autoclub hat auch ein Herz für Radfahrer. Es sei sinnvoll, den Pendelverkehr zu verlagern, erklärt Horschick. Die Zufriedenheit der Radfahrer sei rückläufig, was aber auch damit zusammenhängen könnte, dass sich deren Anzahl erhöht hat. Zudem seien die Ansprüche derjenigen, die morgens mit dem Rad zur Arbeit fahren, gestiegen – was auch mit den Mobilitätserfahrungen während der Corona-Pandemie zusammenhängen könnte. Horschick meint: Verkehrspolitik dürfe nicht an der Stadtgrenze enden, sondern müsse bis in die Region weitergedacht werden.
Parkplätze bezahlbar halten: Wer dennoch mit dem Auto in die Innenstadt muss, ist laut ADAC ziemlich genervt von den stark gestiegenen Parkgebühren. Wer darüber den Verkehr steuern möchte, sollte mit Fingerspitzengefühl vorgehen, heißt es.
Umsteigen beliebter machen: Vom Auto zur Bahn oder von der Bahn zum Fahrrad umzusteigen, sei noch zu unbeliebt, urteilt Horschick. Die Radverbindungen zu Bahnhöfen sollten ausgebaut und sichere Abstellmöglichkeiten errichtet werden, fordert der ADAC. Gleiches gelte für Park-and-Ride-Parkplätze. Die Region Hannover mache da schon eine gute Arbeit, lobt er beispielsweise das Fahrradparkhaus in Wunstorf. Horschick empfiehlt eine Kampagne sowie eine Förderung nach Amsterdamer Vorbild, wo die Stadt ÖPNV-Tickets ausgibt, wenn bestimmte Parkplätze genutzt werden.
Fahrgemeinschaften bilden: „Es sitzen zu viele Leute auf dem Weg zur Arbeit allein im Auto“, meint Horschick. Der ADAC betreibt deshalb inzwischen ein eigenes Pendlernetzwerk, das Mitglieder dabei unterstützen soll, Fahrgemeinschaften zu bilden, um den Verkehrsdruck insgesamt zu reduzieren. (nkw)
Dieser Artikel erschien am 31.01.2024 in der Ausgabe #18.
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