11. Juli 2025 · 
MeldungJustiz

Wahlmann hält Vertagen der E-Akte nicht für erforderlich – und löst damit Verärgerung aus

Die Bundesjustizministerin bietet den Ländern an, die Einführung der E-Akte um ein Jahr zu verschieben. Niedersachsens Ministerin hält das nicht für notwendig. Das verwundert.

Sieht Verschieben der E-Akte nicht als nötig an: Kathrin Wahlmann. | Foto: Justizministerium

Mit Beginn der parlamentarischen Sommerpause droht eine neue Zuspitzung im Streit um die Einführung der elektronischen Akte (E-Akte) in den Amtsgerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten und Staatsanwaltschaften. Ein Referentenentwurf des Ministeriums von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht vor, dass die Bundesländer die eigentlich für Anfang 2026 vorgeschriebene vollständige Digitalisierung der Justiz um ein Jahr verschieben können – auf Anfang 2027. Das war auch die Forderung des Hauptpersonalrats im niedersächsischen Justizministerium und auch die des Hauptrichterrates gewesen. Doch in einem internen Schreiben mit Datum vom 10. Juli, das dem Politikjournal Rundblick vorliegt, trifft das von Kathrin Wahlmann (SPD) geführte Ministerium eine vor diesem Hintergrund überraschende Feststellung: Die vom Bund angebotene Vertagung sei „nicht erforderlich“.

Im Mai hatten der Hauptpersonalrat und der Hauptrichterrat entschieden, die weitere Einführung der E-Akte bei den ordentlichen Gerichten und den Staatsanwaltschaften zu stoppen. Wahlmann ließ sich davon nicht beeindrucken – und vor dem Verwaltungsgericht errang sie Anfang Juni einen Erfolg mit dem Hinweis, das Vorhaben sei „unaufschiebbar“. Mit dem Referentenentwurf aus dem Hause von Bundesministerin Hubig stellt sich die Lage nun anders dar. Demnach dürfen die Länder in Straf-, Bußgeld-, Zivil- und ordentlichen Strafvollzugsverfahren und in Familiensachen die Akten weiter in Papierform führen. Aus einer Mitteilung an die Gerichte, datiert vom 10. Juli, geht nun folgende Einschätzung des niedersächsischen Justizministeriums hervor: Die im Bund geplante Regel betreffe Länder, in denen die Einführung der E-Akte in nur einem „sehr geringen Ausmaß umgesetzt“ wurde. Gemeint seien also solche, in denen die Einführung der E-Akte zum Jahresbeginn 2026 „unrealistisch bis nahezu unmöglich erscheint“. Dann wird hinzugefügt, dass dies „aus niedersächsischer Sicht nicht erforderlich“ erscheine – da es „einen fein auf sämtliche Beteiligten abgestimmten Rollout-Plan“ gebe. Außerdem bestünden „Bedenken im Hinblick auf die organisatorische und technische Umsetzbarkeit“.

Die E-Akte findet Einzug in der Justiz - nicht alle sind davon begeistert. | Foto: MJ

Wie aus Justizkreisen verlautet, ist diese aktuelle Stellungnahme des Justizministeriums auf Verwunderung, teilweise auf Verärgerung gestoßen. Zwar hat es bei vielen Fachgerichten schon erhebliche Fortschritte bei der Digitalisierung gegeben, bei den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten und auch bei den Staatsanwaltschaften sieht das aber anders aus. Es gibt Berichte über häufige Systemabstürze und Verzögerungen. In der Richterschaft kursierte schon die Aufforderung, auf alle Fehler mit einer offiziellen Fehlermeldung zu reagieren und so die Probleme zu dokumentieren. Justizministerin Wahlmann hat bisher in öffentlichen Reaktionen ihre Absicht betont, an den strengen Vorgaben des bisherigen Bundesgesetzes unbedingt festhalten zu wollen. Sie verwies darauf, dass ihre Vorgängerin Barbara Havliza (CDU) die Digitalisierung der Justiz viel zu zögerlich umgesetzt habe und daher sich jetzt viele Probleme angestaut hätten. Vor wenigen Monaten hatte es Berichte über gravierende Probleme im Amtsgericht Burgwedel (Region Hannover) gegeben – im Grundbuchamt kam es dort zu langen Wartezeiten, Mitarbeiter berichteten über tagelange Systemausfälle und Software-Probleme, sodass Fristversäumnisse drohten.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #129.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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