(rb) Mit ihrem Vorhaben, die Fischerei an Nord- und Ostsee einzuschränken bzw. teilweise sogar ganz zu verbieten, hat sich Bundesumweltministerin Barbara Hendricks in Niedersachsen und Schleswig-Holstein keine Freunde gemacht. Das gilt nicht nur für die betroffene Fischereiwirtschaft, sondern zugleich auch für ihre Parteifreunde und deren grünen Koalitionspartner in den beiden Küstenländern. Zwar hat der hierzulande zuständige grüne Fachminister Christian Meyer ein gewisses Verständnis dafür, dass die Bundesministerin ihrer EU-rechtlichen Sicherungsverpflichtung nachkommen will, indem sie die acht gemeldeten FFH-Gebiete in der sogenannten „Ausschließlichen Wirtschaftszone“ (AWZ) von Nord- und Ostsee per Verordnung unter hoheitlichen Schutz stellt. In der Kritik stehen jedoch Maßnahmenvorschläge für das Fischereimanagement in den Natura-2000-Gebieten in der AWZ der Nordsee, die seit März vorliegen; ähnliche Vorschläge zur Ostsee werden noch erwartet. Und diese gehen auch Meyer zu weit. In seiner Antwort auf eine Anfrage von fünf FDP-Abgeordneten äußerte der Minister „erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit, der Wirksamkeit und der Verhältnismäßigkeit“ einzelner Maßnahmen.
In Niedersachsen wäre insbesondere die für die Küste so existenziell wichtige Krabbenfischerei betroffen. Deren Ausschluss, den Hendricks zum Schutz des Lebensraums „Sandbänke“ vorantreibt, könne die Landesregierung nicht nachvollziehen. Ihm seien „keine Untersuchungsergebnisse bekannt, die belegen, dass die leichten und nicht in das Sediment eindringenden Fanggeschirre der Krabbenfischerei einen erheblichen Einfluss auf die schützenswerten Arten dieses Lebensraumtyps haben“, denn diese lebten zum weitaus größten Teil nicht auf der Sedimentoberfläche, sondern tiefer darin, stellt der Fischereiminister in seiner Antwort fest.
Meyer äußerte darin auch seine Sorge um die Zukunft der Krabbenfischerei in Niedersachsen durch ein solches Verbot, denn die Anzahl der potenziellen Fanggebiete habe sich insbesondere durch den Ausbau der Offshorewindenergie bereits seit Jahren kontinuierlich verringert. Ein weiterer Verlust in den genannten Schutzgebieten – es geht um das Sylter Außenriff und die Östliche Deutsche Bucht – würde die Konzentration auf immer weniger Fangplätze noch verstärken. Neben der wachsenden Konkurrenz in den verbleibenden Gebieten und dem damit verbundenen Sicherheitsrisiko für die Fischereifahrzeuge bestehe zudem die Gefahr, dass die Fischerei aufgrund lokaler Überfischungsphänomene unrentabel wird, gibt Meyer zu bedenken. Andererseits hätten die Fischer gar keine andere Wahl, als auf die verbleibenden Gebiete auszuweichen.
Mit negativen Auswirkungen auf die Hobbyfischerei durch ein generelles Verbot im Bereich der AWZ rechnet der Grünen-Politiker dagegen nicht. Zwar lägen keine Daten über die Anzahl der Hobbyangler in der Nordsee vor, weil diese statistisch nicht erfasst würden. Aber nach einer Einschätzung des Staatlichen Fischereiamtes Bremerhaven findet die Hobbyfischerei an der Nordseeküste nur im geringen Maße statt. Es sei sogar davon auszugehen, dass die natürliche Populationsdynamik der Fischbestände die Auswirkungen der Freizeitfischer deutlich übersteige, heißt es dort. Auch Touristen gingen dieser Beschäftigung nur selten nach, so dass das Verbot auch keine Folgen für den Fremdenverkehr haben dürfte, meint Meyer. azDieser Artikel erschien in Ausgabe #91.