Die zehn niedersächsischen Spielbanken sollen am 1. September unter der Regie eines neuen Betreibers agieren. Nach der Konzession, die von der Landesregierung 2023 vergeben wurde, soll künftig die „Merkur Group“, hinter der die Gauselmann-Gruppe steht, die Regie führen. Doch ob es wirklich dazu kommt, ist derzeit wohl fraglich. Denn der bisherige österreichische Betreiber „Casinos Austria“ geht gerichtlich gegen die Vergabeentscheidung an – und es gibt offenbar tatsächlich einige Hinweise auf Fehler in der Entscheidung des Finanzministeriums.

Aufgewühlt sind vor allem die Vertreter der 400 Beschäftigten. Zwar betont „Merkur Group“, die Mitarbeiter übernehmen und den Personalstamm sogar noch vergrößern zu wollen. Doch die „Übergabeverhandlungen“ stocken – und die Personalvertreter der Spielbanken-Gesellschaft pochen daher auf eine „Interimskonzession“, die eine vorübergehende Fortsetzung des Spielbetriebs unter dem alten Betreiber nach dem 1. September sicherstellen soll. Das lehnt die Landesregierung bisher allerdings ab. Ein anderer Kritikpunkt der Personalvertreter richtet sich auf den Tarifvertrag, denn die Beschäftigten haben Sorge, unter der „Merkur Group“ womöglich schlechter gestellt zu sein als bisher unter „Casinos Austria“.
Zum Politikum droht die ganze Debatte vor allem wegen der Vergabeentscheidung zu werden. Nachdem ein Vertreter des Finanzministeriums im Haushaltsausschuss unlängst die Vorgänge erläuterte, beantragte die CDU-Landtagsfraktion Einsicht in die internen Akten. Ein solcher Schritt setzt gewöhnlicherweise einen Verdacht voraus – und dieser richtet sich nun auf zwei Aspekte. Zunächst nimmt die Opposition Bezug auf Äußerungen von Finanzminister Gerald Heere aus seiner Zeit als Oppositionspolitiker vor der Landtagswahl im Herbst 2022. Er soll damals seine Skepsis gegenüber einem „ausländischen Betreiber“ der Spielbanken – wie es „Casinos Austria“ ist – geäußert haben. Der zweite Aspekt ist der Ablauf der Ausschreibung. Diese war erst Mitte 2023 begonnen worden, aus Sicht von Insidern damit ein Jahr zu spät. Die Verzögerung lag offenbar begründet in der schwierigen Suche nach einer kompetenten Rechtsanwaltskanzlei, die diese – juristisch sehr aufwendige – Ausschreibung begleitet. Die bisher für das Land in dieser Sache tätige Kanzlei soll inzwischen für die „Merkur Group“ tätig geworden sein.
Nun gibt es Hinweise, dass im Vergabeverfahren beide Bewerber, „Casinos Austria“ und „Merkur Group“, ihre zunächst eingereichten Unterlagen nach Rücksprache mit dem Finanzministerium noch nachbessern sollten. Das betrifft wohl zwei Punkte, nämlich die Frage nach der Eignung des Geschäftsführers und die Berechnung der Gewinnerwartungen. Nun ist die spannende Frage, ob diese Nachbesserung im laufenden Verfahren überhaupt zulässig war – oder ob das Finanzministerium das Verfahren nicht hätte abbrechen und neu starten müssen. Entschied man sich dafür, das Verfahren fortzusetzen, weil die Zeit knapp wurde und die alte Konzession eben schon am 1. September ausläuft?
Wenn das so war, unterschätzte das Ministerium womöglich das Risiko eines langwierigen Rechtsstreits. Denn eine schnelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover, das über die Anfechtung der Vergabe durch „Casinos Austria“ befinden muss, ist wohl unrealistisch. Manches spricht wohl auch für eine zweite Instanz in dieser Angelegenheit. Es sei denn, die beiden Betreiber finden doch noch einen Weg für eine Verständigung und für einen reibungslosen Weiterbetrieb. In diesem Fall wäre wohl die politische Frage, welche Fehler im Finanzministerium begangen wurden, nachrangig.