Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) erfährt Rückendeckung für ihre Forderung nach einer Reform des EU-Tiergesundheitsrechts. Bei Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) sucht sie derzeit Unterstützung, um das Restriktionsregime im Falle eines Ausbruchs der "afrikanischen Schweinepest" (ASP) zu entschärfen. „Die gemeinsam von vielen Akteuren aus Niedersachsen geforderten Anpassungen im EU-Tiergesundheitsrecht müssen kommen“, erklärt Joachim Schwind, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistags (NLT), auf Rundblick-Nachfrage. „Für den Fall eines erneuten Ausbruchs in Niedersachsen brauchen wir stimmige Lösungen, um unnötiges Tierleid und hohe wirtschaftliche Schäden zu verhindern.“ Die Veterinärämter der Landkreise seien mit ihren Partnern in der Tierseuchenbekämpfung wie der Tierseuchenkasse und dem Land exzellent aufgestellt, versicherte Schwind. „Wir haben angesichts der akut drohenden Seuchengefahr umfangreich geübt und eine gegebenenfalls notwendige Krisenbewältigung umfassend vorbereitet. Nun muss die EU ihre Hausaufgaben machen und auch das Rechtsregime für einen ASP-Ausbruch flexibilisieren, sonst verlieren in der Krise alle.“
Auch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) unterstützt den Kurs der niedersächsischen Landesregierung mit Nachdruck. „Als ISN unterstützen wir die Forderungen nach einer Entschärfung der EU-Seuchenschutzvorgaben im Sinne einer effektiven, zielgenauen aber eben auch flexibleren Anwendung der Maßnahmen im ASP-Fall“, erklärte eine Sprecherin des Verbands auf Rundblick-Anfrage. Die Tierseuche zu bekämpfen und eine weitere Ausbreitung einzudämmen, müsse natürlich Priorität haben. „Es muss aber auch darum gehen, den durch die Maßnahmen entstehenden Schaden für die ganze Erzeugerkette so gering wie möglich zu halten.“ Der Verband teilt die Forderung, die starren Sperrfristen zu verkürzen und die Maßnahmen auf das notwendige Maß zu reduzieren. „Ganz wichtig sind klare Zuständigkeiten und Abläufe sowie die Aufrechterhaltung der Vermarktungsketten“, erklärt der Verband. Es dürfe nicht weiter so sein, dass Schweinehalter, die nichts falsch gemacht hätten und die zufällig in eine Restriktionszone gerutscht seien, durch die staatlich angeordneten Bekämpfungsmaßnahmen mit existenzbedrohenden Schäden belastet werden. Die Schweinehalter verweisen darauf, dass fast alle ASP-Fälle in Deutschland bislang in der freien Wildbahn bei Wildschweinen aufgetreten seien. Als die ASP aber einmal in einem Hausschweinebestand ausgebrochen war, wie seinerzeit im Emsland, habe man die Tierseuche sehr schnell bekämpft und eine weitere Ausbreitung verhindert. „Die Schweinhalter haben also gezeigt, dass ihre betrieblichen Biosicherheitsmaßnahmen greifen.“
Niedersachsens Vorstoß bezieht sich auf genau solche Fälle, in denen es einen Punkteintrag gegeben hat. Wegen der hohen Dichte Schweine haltender Betriebe vor allem im Westen Niedersachsens ist das Land aber besonders von der ASP und den sich daraus ergebenden Restriktionen betroffen. Seit dem ersten ASP-Fall im Jahr 2022 wirkt Niedersachsen auf Änderungen im EU-Tiergesundheitsrecht hin. Es geht insbesondere darum, die Dauer der Sperrmaßnahmen zu verkürzen, Sperrradien zu verringern und die Vermarktung von frischem Fleisch aus Sperrzonen zu erleichtern. Dabei setzt man auf ein konsequentes Freitesten der Schweine im Schlachtbetrieb.
Zeitgleich treibt Niedersachsen die Prävention weiter voran. Ende August findet beispielsweise im niedersächsischen Agrarministerium in Hannover eine Informationsveranstaltung für Hundeführer statt, die sich für Ausbildungskonzepte für ASP-Suchhunde interessieren. Um das Risiko einer Ausbreitung der ASP im Fall eines Ausbruchgeschehens bei Wildschweinen zu minimieren, sei das zügige Aufspüren und die fachgerechte Entsorgung verendeter Wildschweine maßgeblich, erklärt das Ministerium. Seit 2021 hat das Land Niedersachsen bereits drei solche Kurse für ASP-Kadaver-Suchhundegespanne durchgeführt. Die Kurse sind für die Teilnehmer kostenlos, für einen späteren Such-Einsatz erhalten die Hundehalter eine Aufwandsentschädigung.