Straßengesetz
Gestern hat die Landesregierung einen Gesetzentwurf für eine vereinfachte Planung von Landesstraßen präsentiert. Wenn für ein Planfeststellungsverfahren auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist, soll auf eine förmliche Erörterung verzichtet werden können. Indem dann etwa zu den Betroffenen direkt Kontakt aufgenommen wird, kürzt das die Verfahrensdauer ab. Fristen können also knapper gesetzt werden. Diese sogenannte „Plangenehmigung“ ist in Deutschland schon wiederholt angewandt worden, und sie hat indes auch manche Probleme mit der EU beschert, da die Brüsseler Behörden und auch der EU-Gerichtshof in Luxemburg stets darüber wachen, dass die Klagerechte etwa der Umweltverbände nicht unzulässig beschnitten werden. Althusmann möchte außerdem die schon für Bundesprojekte geltende Regel, die Gerichtsverfahren auf maximal zwei Instanzen (Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht) zu begrenzen, auch auf das Landesrecht übertragen. Dafür müsste eine Bundesratsinitiative erfolgreich sein. „Derzeit dauert der Bau neuer Straßen oft mal 15 Jahre von der Planung bis zur Fertigstellung. Ich will erreichen, dass wir zehn Jahre unterschreiten“, betont der Minister. Ein Pilotprojekt wird bereits an der Ortsumgehung der B3 in Elstorf (Kreis Harburg) anvisiert, dort soll die Bauzeit um 2,5 Jahre verkürzt werden.Wünsche an Berlin und Brüssel
Der Wirtschaftsminister hofft auf Weichenstellungen bei der EU und in der Bundesregierung. Diese sollten die Möglichkeiten etwa von Umweltverbänden, gegen Großvorhaben vorzugehen, empfindlich einschränken. Wenn man die „materielle Präklusion“ einführen würde, könnten Umweltverbände nur noch die Argumente gegen Großvorhaben geltend machen, die sie schon sehr früh im Verfahren vorgetragen haben. Althusmann meint, dann wäre es nicht mehr möglich, ganz spät noch Gefahren für eine bestimmte Tierart zu behaupten und damit kurz vor der Fertigstellung eine Umgehungsstraße um weitere Jahre hinauszuzögern. In Celle hatte es beispielsweise Streit mit dem BUND über den Fledermausschutz gegeben. Der Wirtschaftsminister kann sich außerdem vorstellen, dass das Verbandsklagerecht für Umweltverbände gekürzt werden kann – man könne es beispielsweise nur noch darauf beziehen, ob eine Planung rechtmäßig gelaufen ist, nicht mehr zusätzlich darauf, ob alle materiellen Gründe richtig abgewogen worden sind. Und wenn ein Planfeststellungsbeschluss in Teilen mangelhaft ist und nicht vollzogen werden darf, könne man das künftig ja auf die betreffenden Teile begrenzen, es müsse ja nicht wie bisher das ganze Vorhaben aufgehalten werden. Schließlich wäre auch die Chance für Betroffene, auf digitalem Weg Einwände gegen Planungen vorzutragen, ein Fortschritt – denn damit könne eine Zeitersparnis verbunden sein. Das Verwaltungsverfahrensgesetz müsste dafür angepasst werden. Einen Blick wirft Althusmann auch auf das Bundesnaturschutzrecht: Entlang von Elbe, Weser und Ems müssten über kurz oder lang die Deiche erhöht werden, wenn die Anlieger effektiv vor Hochwasser geschützt werden sollten. Einen Deich um 1,30 Meter zu erhöhen bedeute aber, ihn sechs Meter zu verbreitern. Das könne auf Kosten der Landwirte oder auch des Flussbetts gehen. „Hier müsste das Bundesrecht angepasst werden“, sagt der Minister.Lob für andere Länder
Dabei lobt Althusmann die Situation etwa in Dänemark oder in den Niederlanden. Dort laufen große Planungsvorhaben nicht nur schneller, sondern auch mit anderen Methoden: Einwände werden in großen Versammlungen erörtert, während in Deutschland die Verfahren verrechtlicht sind und jeder Betroffene mit Fristverlängerungen und Klagerechten über viele Instanzen die Zeit bis zur Entscheidung enorm verschleppen kann. In Dänemark, sagt Althusmann, hat es zur Fehmarn-Belt-Querung 42 Einwendungen gegeben, davon nur zwei gegen das Vorhaben. In Deutschland seien es gleichzeitig 16.000 gewesen – und fast alle waren negativ eingestellt. In Dänemark habe das Parlament endgültig über das Projekt entschieden. In Deutschland hingegen gab es acht Klagen. Hierzulande führt die starke Stellung der Gerichtsbarkeit sehr häufig dazu, dass die Justiz über viele Jahre mit solchen Vorgängen beschäftigt ist. Die Konsenskultur in einigen Nachbarländern stehe der ausgeprägten Streitkultur in Deutschland gegenüber.Kleine Schritte in Niedersachsen
Unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen hat das Wirtschaftsministerium in Niedersachsen in eigener Zuständigkeit mehrere Änderungen angeschoben, die ebenfalls beschleunigend auf die Planungen wirken sollen: Mehr als 40 Stellen wurden auf unterschiedlichen Ebenen geschaffen, auch in der Landesbehörde für Straßenbau. „Wir schaffen mehr Stellen für Ingenieure, damit die Pläne rechtzeitig fertig werden“, betont Althusmann. Die Mittel für die Dienstleistungen Außenstehender wurden aufgestockt, da nicht alle Schritte in den Behörden selbst zu leisten sind. Werden Bauvorhaben schneller als geplant fertig, soll es einen Bonus für die Firmen geben – viermal ist das 2018 bereits geschehen. Im umgekehrten Fall, bei einer Verzögerung von Bauvorhaben, wird eine Vertragsstrafe als Malus fällig, das gab es im vergangenen Jahr zwölfmal auf Autobahn-Baustellen. Der Minister hat 24-Stunden-Baustellen eingerichtet, die allerdings die Vorhaben wegen der nötigen Schichtzuschläge verteuern. Auch die Auftragsvergabe an Generalunternehmer gehört zur Übung – auch wenn das bei vielen Firmen auf Skepsis stößt, weil Mittelständler bei den Ausschreibungen womöglich schlechter zum Zuge kommen können. (kw)Lesen Sie auch: Wirtschaft freut sich über Althusmanns Initiative zum Bürokratieabbau