Schmalstieg war bestens vorbereitet
Die aktuellen Probleme von Schostok haben damit zu tun, dass er die Rollenerwartung der Kommunalverfassung nicht erfüllen konnte oder wollte. Sein Vor-Vorgänger Herbert Schmalstieg war auch kein Verwaltungsexperte. Aber als er 1996, damals schon 24 Jahre lang ehrenamtlicher Oberbürgermeister, an die hauptamtliche Spitze gelangte, war er bestens vorbereitet – er kannte alle wichtigen Leute im Rathaus, alle wichtigen Abläufe und alle inoffiziellen Wege neben den offiziellen. Sein Wechsel in die neue Verantwortung klappte reibungslos. Beim Nachfolger Stephan Weil, der sowieso aus der Verwaltung kommt, war das gar keine Frage. Aber Schostok? Er suchte nach einer Stütze im engeren Umfeld, auf die er sich hundertprozentig verlassen kann und die ihn in allen Verwaltungsfragen entlasten kann. Der Oberbürgermeister fand diese Vertrauensperson in Frank Herbert, seinem Büroleiter. Schostok, eher Kommunikator als Aktenfresser, konzentrierte sich auf die Repräsentantenrolle, Herbert sollte den Rathausbetrieb am Laufen halten.Lesen Sie auch: Artikel: Rathausaffäre: Sollte OB-Büroleiter unangemessen bezahlt werden? Kolumne: "Zocken mit Schossi" - spielen Sie mit
Eine solche Arbeitsteilung kann funktionieren, wenn man wichtige Regeln einhält. Ein unverzichtbarer Helfer des Chefs muss unauffällig und zurückhaltend bleiben, seine heimliche Machtposition muss auch in der eigenen Verwaltung weitgehend unentdeckt und unbekannt bleiben. Am besten ist es, wenn alle ihn unterschätzen. Außerdem muss sich dieser Helfer bescheiden verhalten – er darf nicht unangemessen werden. Im hannoverschen Rathaus hat Frank Herbert beide Prinzipien verletzt. Er agierte im Mail-Kontakt mit dem einst mächtigen Personaldezernenten Harald Härke in eigener Sache offensiv und rücksichtslos, forderte für sich eine höhere Vergütung, die sonst nur Dezernenten zusteht und die rechtlich mindestens fragwürdig ist. Außerdem trat er so auf, dass zumindest Härke, vielleicht auch andere ihn als anmaßend empfunden haben können. Das aber ist nicht nur ungeschickt und töricht, sein Agieren – gipfelnd in einer Pressekonferenz, in der Härke des Geheimnisverrats beschuldigt wurde - stellt auch das ganze System in Frage.