Bevor Barbara Havliza (CDU) 2017 die landespolitische Bühne betrat, war sie Richterin am Oberlandesgericht Düsseldorf im Senat für Staatsschutzsachen. Dann berief Bernd Althusmann sie in sein Schattenkabinett und Stephan Weil machte sie schließlich zur Justizministerin. Nach der Landtagswahl 2022 orientierte sich Havliza noch einmal um – und ging schließlich zurück nach NRW.

Barbara Havliza | Foto: Opferschutzportal NRW

Rundblick: Mit dem Regierungswechsel haben Sie die Landespolitik in Niedersachsen hinter sich gelassen, was machen Sie jetzt?

Havliza: Nach der Entlassung aus meinem Amt habe ich nach einer Pause von Dezember 2022 bis Ende Februar 2023 am 1. März 2023 mein neues Amt als Beauftragte für den Opferschutz des Landes NRW angetreten. Anders als in Niedersachsen handelt es sich hierbei um ein Hauptamt, das mit einer kleinen Behördeneinheit versehen ist, über zwei Dienstsitze verfügt – einer befindet sich im OLG Köln, der andere im OLG Hamm. Ich bin unabhängig und weisungsungebunden. Die nähere Beschreibung meiner Aufgaben und Befugnisse findet sich im „Gesetz über die Beauftragte oder den Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen“. Mein Team ist interdisziplinär mit Juristinnen und Sozialarbeiterinnen besetzt; einige davon sind zugleich Psychosoziale Prozessbegleiter*innen; eine Kollegin ist zugleich Notfallseelsorgerin. Die Aufgaben sind – wie Sie sich sicher vorstellen können – sehr vielfältig. Wir betreuen Betroffene nach extremistischen Vorkommnissen, nach sog. Großschadensereignissen und einzelne Opfer oder deren Angehörige/Hinterbliebene. Bei terroristischen bzw. extremistisch einzuordnenden Taten/Anschlägen, die vom Generalbundesanwalt ermittelt werden, arbeiten wir gemeinsam mit dem Bundesopferbeauftragten.

Zugleich bin ich das Bindeglied zur Politik, vertrete die Bedarfe, die Bedürfnisse und die erforderlichen Verbesserungsvorschläge in den verschiedenen Ausschüssen, gegenüber den verschiedenen Ministerien und dem Landtag.

Nordrhein-Westfalen ist ein sehr großes und das bevölkerungsreichste (etwa 18 Millionen) Bundesland; Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, dass wir täglich mit den vielfältigsten Anliegen und Bedürfnissen „im Geschäft“ sind. Diese Aufgabe ist für mich ein Glücksfall; ich bin unabhängig (wie ja schon als Richterin), habe mit den Menschen zu tun und kann auf die Gestaltung für den Opferschutz einwirken.

Rundblick: Was vermissen Sie, wenn Sie zurückblicken?

Havliza: Da ich das Amt als Justizministerin sehr gerne und mit großem Engagement ausgeübt habe, würde ich natürlich schwindeln, wenn ich behaupten würde, ich vermisste nichts.

Das Führen eines Ressorts innerhalb einer Landesregierung mit einem Team im MJ, das ich sehr geschätzt und von dem ich mich immer loyal unterstützt gefühlt habe, das vermisse ich natürlich. Insbesondere meine Mitstreiter aus dem Ministerbüro, mit denen ich häufig bis spät in den Abend überlegen, diskutieren und planen konnte, wie die Niedersächsische Justiz noch besser aufgestellt werden könnte, personell verstärkt werden kann oder welche (Gesetzes-)Initiativen anzustoßen sind, um den Schutz der Menschen besser zu machen; das Alles hat mich sehr ausgefüllt und ich hätte es natürlich gerne noch fortgesetzt.

Rundblick: Was vermissen Sie so gar nicht oder worüber sind Sie womöglich froh, dass es vorbei ist?

Havliza: Da ich immer ein sehr freiheitsliebender Mensch war und bin, und meine absolute Unabhängigkeit im Beruf als Richterin (und auch jetzt wieder) extrem hoch geschätzt habe, vermisse ich vielleicht am wenigsten die Zwänge, die ein politisches Amt mit sich bringt. Die genaue Abwägung der Wortwahl, der Aussagen, die ja auch innerhalb einer Koalition durchaus manchmal nicht unbedingt die eigene Auffassung Eins-zu-eins widerspiegeln. Da finde ich es erleichternd, heute meine Auffassung ohne Rücksichten auf andere Meinungen zumindest sagen zu können.

Rundblick: Wie intensiv verfolgen Sie noch, was an Ihrer alten Wirkungsstätte passiert?

Havliza: Natürlich verfolge ich die Niedersächsische Landespolitik nach wie vor sehr intensiv. Meine Informationsquellen sind da in erster Linie die Medien, aber auch meine nach wie vor bestehenden Kontakte zu meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen – sowohl aus dem MJ als auch im und um den Landtag. Bis zum Bundesparteitag im Mai 2024 war ich ja auch noch Mitglied des Bundesvorstandes. Für dieses Mal bin ich allerdings nicht mehr angetreten, weil nach meiner Auffassung jüngere und aktivere Mitglieder der CDU Niedersachsen diesen Platz einnehmen sollten. Deshalb freue ich mich so sehr, dass Carina Hermann für mich dort eingerückt ist. Nun bin ich Mitglied des Bundesparteigerichts, die Verbindungen und Kontakte werden also bleiben.


Anm. d. R.: Unsere Gesprächspartner in dieser Reihe haben mitunter in ihren Antworten Formen der gendergerechten Sprache verwendet. Entgegen unserer redaktionellen Linie haben wir die Antworten in ihrer Originalform belassen.