Man braucht keine Glaskugel, um zu erahnen, dass Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) an diesem Freitag keine allzu guten Nachrichten wird verkünden können. Wenn die Ministerin gemeinsam mit Ulrike Talkner von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt den diesjährigen Waldzustandsbericht vorstellt, werden die beiden sehr wahrscheinlich darauf hinweisen müssen, dass auch in diesem Jahr der viele Regen noch nicht ausgereicht hat, um den seit mehreren Jahren hart angeschlagenen Wald wieder aufblühen zu lassen. Hinzu kommt, dass die vorhandenen Schadflächen intensiver Behandlung bedürfen, auch um den klimaschonenden Effekt des Waldes wieder zu stärken.

Erst am Nikolaustag hat Philip von Oldershausen, Präsident des niedersächsischen Waldbesitzerverbands, gegenüber der Landesregierung erneut auf die missliche Lage zahlreicher Forstbetriebe hingewiesen. Als er in der Staatskanzlei eine Nordmanntanne vorbeibrachte, lieferte er beim Regierungschef sogleich seine Bedenken mit ab: „Wir Waldbesitzende werden unseren Wald mit einer breit angelegten Baumartenmischung fit für die nächsten Generationen machen. Es kann aber nicht sein, dass nur die Waldbesitzenden die Kosten für die Wiederaufforstung und Risiken des Anwachsens tragen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und Verpflichtung“, erklärte von Oldershausen. Um dem menschengemachten Klimawandel zu begegnen und die Böden nicht zu schädigen, müsse man einen strammen Zeitplan zur Wiederaufforstung umsetzen. Doch dieser Zeitplan droht derzeit in Verzug zu geraten.
Noch vor ein paar Wochen hatten die Waldbesitzer kurzzeitig aufatmen können, nachdem man ihnen im Bundesagrarministerium eine solide Finanzierung der Aufforstungsmaßnahmen in Aussicht gestellt hatte. Doch wie so viele Anliegen steht auch dieses derzeit auf tönernen Füßen. Denn auch die Mittel zur Wiederbewaldung und für den Waldumbau sollten über den Klima- und Transformationsfonds des Bundes (KTF) finanziert werden, genauer: über das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ (ANK). Aufgrund der Sperre für den Bundeshaushalt in Folge des Karlsruher Urteils von Mitte November muss die Bundesregierung nun umschichten – und die Forstwirte ausharren. Nach der Einigung innerhalb der Regierung wird der Beschluss über den Bundeshaushalt erst im Januar erwartet.
Beim Waldbesitzerverband hofft man nun zwar noch, dass auch 2024 Waldumbau und Wiederbewaldung über die „Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz“ (GAK) finanziert werden können. Doch auch für diesen Fördertopf braucht es zuerst liquide Haushalte in Bund und Land, die diesen Topf im Verhältnis 60 zu 40 befüllen. Wie viel Geld dort insgesamt hineinkommt, gibt der Bund mit seinen Mitteln vor. Ob und in welchem Umfang diese Bundesmittel zur Verfügung stehen werden, ist derzeit noch nicht vollends absehbar. Man benötige die Fortführung der Extremwetterrichtlinie, die planmäßig zum Jahresende auslaufen wird, teilte der Waldbesitzerverband auf Rundblick-Anfrage mit. Außerdem müsse es eine Weiterführung der Waldbaurichtlinie mit dem Waldumbau und der Wiederbewaldung in der GAK geben. Erforderlich seien zudem überjährige Mittelzusagen, die Übertragbarkeit der Mittel und ausreichende Verpflichtungsermächtigung.
Niedersachsens Agrarministerium teilte dem Politikjournal Rundblick mit, dass die vom Bund im Haushaltsjahr 2023 zu Lasten des Folgejahres zugewiesenen Verpflichtungsermächtigungen bis zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts bestmöglich ausgeschöpft worden seien. „Sie wurden vor allem genutzt, um Fristverlängerungen für laufende, überjährige Anträge auszusprechen und zum Teil auch um neue Vorhaben wie Pflanzungen auf Schadflächen auf den Weg zu bringen.“ Zudem würden derzeit „vorzeitige Maßnahmenbeginne bis zu einer Höhe von insgesamt 10,6 Millionen Euro ausgesprochen“, erklärte eine Sprecherin des Agrarministeriums. Damit soll sichergestellt werden, dass auch in der wichtigen Pflanzzeit im Winter die Arbeit der Forstwirte fortgesetzt werden kann. „Die endgültigen Bewilligungen sollen nachgeholt werden, sobald die Haushaltsmittel 2024 im kommenden Jahr zur Verfügung stehen.“