
Der real existierende Kevin hat die Maske der SPD fallen lassen und gezeigt, wohin die Barleys und Stegners in Europa wollen.
Der Auftritt diente der Mobilisierung der Anhänger. Dazu kamen die jüngsten Äußerungen des Juso-Bundesvorsitzenden Kevin Kühnert wie bestellt. Der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann sagte zur Begrüßung im Expo-Wal, er sei Kühnert „zutiefst dankbar“: „Der real existierende Kevin hat die Maske der SPD fallen lassen und gezeigt, wohin die Barleys und Stegners in Europa wollen.“ Die Union aber wolle „keinen demokratischen Sozialismus – und diesen Kevin erst recht nicht“. Tosender Applaus ertönte daraufhin.
https://twitter.com/sebastiankurz/status/1124762836994023424
Der Beifall für den nachdenklich wirkenden und zuweilen etwas langatmig vortragenden Weber war in dem Moment am lautesten, als er sagte: „Als EU-Kommissionspräsident würde ich von der Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und die Beitrittsgespräche mit der Türkei sofort beenden.“ Der CSU-Politiker setzte sich für eine konsequente Sicherung der EU-Außengrenze ein und dafür, nicht mehr alle Flüchtlinge aufzunehmen. Klar müsse aber sein, dass das Menschenleben jedes Flüchtlings gerettet werden müsse. Ein „Marschallplan für Afrika“ müsse her auch ein eigener EU-Kommissar für Afrika, damit sich Menschen dort nicht mehr auf den Weg nach Norden begeben.
Der österreichische Kanzler ergänzte: „Wir werden das Ertrinken im Mittelmeer vollständig beenden können.“ Schon jetzt würden sich weniger Flüchtlinge aufraffen – da sie wüssten, an der Grenze zurückgewiesen zu werden. Dies müsse noch konsequenter und am besten schon in den Herkunftsländern selbst geschehen. Nur noch die legal einreisenden Menschen, etwa aus Bürgerkriegsgebieten, sollten in der EU aufgenommen werden, und natürlich jene, die man aus ihrer Notsituation befreien müsse. Aber Kurz sprach sich zugleich gegen totale Abschottung der EU aus, warnte vor Nationalismus und verteidigte vehement die Kooperation in Europa. Außerdem lehnte er Ungarns anti-liberale Reformen strikt ab: „An Demokratie und Menschenrechte muss sich jeder halten, ob in Ungarn, Rumänien, Polen oder Slowakei.“
Damit macht es der österreichische Kanzler seinen Kritikern schwer, ihn als Rechtspopulisten abzustempeln. Im Expo-Wal wurde Sebastian Kurz mit stehenden Ovationen gefeiert – fast ein wenig stärker noch als der eigentlich in den Mittelpunkt gestellte Weber. Die Sätze von Kurz klingen zwar wie einstudiert, ohne Ecke und Kanten. Aber er selbst trägt das ernst und ohne jeden Pathos vor, er wirkt authentisch. Für die JU-Mitglieder ist er wie ein neuer europäischer Polit-Star.
https://twitter.com/katarinabarley/status/1125010388175790082
Rund 15 Kilometer entfernt und 14 Stunden später, mitten in Hannovers Stadtzentrum, waren Weber, die Ungarn und auch Österreichs Kanzler erneut ein Thema – nämlich bei der konkurrierenden Partei, der SPD. Es war frisch, aber sonnig, die SPD hatte sich mit bunten Luftballons und Waffel-Stand auf dem Vorplatz des Restaurants „Nordkurve“ getroffen. Neben Ministerpräsident Stephan Weil und dem neuen hannoverschen OB-Kandidaten Marc Hansmann sprach zunächst der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange und attackierte – ohne seinen Namen zu nennen – die Politik von Österreichs Kanzler Kurz: Der bilde eine „Koalition mit Neofaschisten“ und bringe „Unruhe in die Konservativen“.
Und dass die CSU und Manfred Weber jetzt von der Politik Viktor Orbans in Ungarn abrückten, sei auch nicht glaubwürdig: „Die Politik in Budapest wird gedeckt von der Union in Deutschland.“ SPD-Spitzenkandidatin Barley legt später noch nach: „Noch bis ins vergangene Jahr“ habe die CSU „Orban hofiert“, und das, als dieser schon die Pressefreiheit beschnitten und die Kulturschaffenden eingeschüchtert habe. Erst jetzt folge die Distanzierung, das überzeuge nicht. Dass sich in Rumänien eine sozialdemokratisch geführte Regierung auf einen ähnlichen Weg wie Orban in Ungarn begeben hat, ließen Barley und Lange indes unerwähnt.
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