
Uns will nicht einleuchten, dass die Wagen jahrelang kostenfrei genutzt werden dürften.
Ebenfalls erörtert werden müsse, ob allein durch eine drohende Stilllegung eines Fahrzeugs schon eine Vermögensgefährdung eingetreten sei. Auch in der Frage der Nutzungsentschädigung gibt es keinen Freibrief für die Kläger. Wenn es zu einer Verurteilung käme, hielte das Gericht es für richtig, dass sich die Geschädigten die Nutzung anrechnen lassen müssten, erläuterte Neef. „Uns will nicht einleuchten, dass die Wagen jahrelang kostenfrei genutzt werden dürften“, sagte Neef, wies allerdings darauf hin, dass es in die Frage auch anderslautende Urteile gebe.
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Die Thematik der Nutzungsentschädigung beurteile man naturgemäß etwas anders, hieß es im Prozess von den Vertretern der Musterklage. VW habe mit dem Kraftfahrtbundesamt praktisch zusammengearbeitet, um die Fahrzeuge auf der Straße zu halten. Es dürfe nicht sein, dass so jemand belohnt werde und am Ende von der höhere Laufleistung der Fahrzeuge profitiere, die den Verbrauchern im Falle eines Urteils negativ gegengerechnet würden.
Eines unserer wesentlichen Ziele ist, deutlich zu machen, dass Verbraucher keinen Schaden erlitten haben.
VW-Anwalt Patrick Schroeder meinte dagegen, es gehe nicht ums Belohnen oder Bestrafen. Kunden hätten mit einem anderen Fahrzeug einer anderen Marke den gleichen Wertverlust erlitten. „Eines unserer wesentlichen Ziele ist, deutlich zu machen, dass Verbraucher keinen Schaden erlitten haben. Genauso scheint es der Senat zumindest ansatzweise zu sehen“, sagte VW-Anwältin Martina de Lind van Wijndgaarden. Schließlich würden viele betroffene Fahrzeuge auch heute noch genutzt, argumentiert Volkswagen.
Bei den Musterklägern bleibt man dennoch optimistisch. Der Richter hätten dem Vorwurf der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung viel Raum gegeben, meinte deren Anwalt Ralf Sauer. Der entsprechende Paragraph sei die wichtigste Grundlage für Ansprüche. Dass der Prozess mit einem schnellen Vergleich zu Ende gehen könnte, zeichnete sich am ersten Prozesstag in Braunschweig nicht ab.
Das sah auch Richter Michael Neef. Ein Vergleich sei schwierig, weil für VW nicht klar sei, wie hoch das wirtschaftliche Risiko sei. Die VW-Anwälte sehen dafür nach eigenen Worten keine Tatsachengrundlage. Man könne nicht überschauen, ob alle Anmeldungen der rund 470.000 VW-Fahrer wirksam seien, auch nicht einordnen, wie und wann die Fahrzeuge gekauft worden sind.
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Für den Prozessauftakt hatte das Oberlandesgericht extra die Braunschweiger Stadthalle angemietet, allerdings blieb das Interesse kleiner als erwartet. Von den insgesamt rund 300 Plätzen bliebt mehr als die Hälfte unbesetzt, möglicherweise auch durch den Sturm namens „Mortimer“ der am Morgen den Bahnverkehr in Norddeutschland zum Erliegen brachte. Bei der Mehrheit der Besucher handelte es sich auch nicht um VW-Fahrer, die sich Autos mit dem betroffenen Motor „EA 189“ gekauft hatten. Der Betrug war schon vor mehr als drei Jahren in den USA aufgeflogen. Im September 2015 hatte VW dann Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselautos zugegeben.