
Vor wenigen Tagen hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bundesweit als „gesichert rechtsextremistisch“ bezeichnet. Das Gutachten, das dieser Einschätzung zugrunde liegt, ist als geheim eingestuft. Sie selbst kenne es noch nicht, werde sich aber in der nächsten Innenministerkonferenz unterrichten lassen, sagte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens am Montag. Die SPD-Politikerin gab dazu eine sehr vorsichtige Einschätzung: „Wir müssen schauen, ob das Gutachten dazu taugt, ein Verbotsverfahren gegen die AfD zu starten, die Parteienfinanzierung der AfD einzuschränken oder Beamte, die der Partei angehören, zu überprüfen.“ Sie wünsche sich „ein einheitliches Vorgehen aller Bundesländer“ in dieser Frage. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte mögliche dienstrechtliche Konsequenzen für alle Beamten, die AfD-Mitglied sind, in Aussicht gestellt. Behrens sagte zur Frage einer Regelüberprüfung der Beamten: „Ich verspüre hier ein Unbehagen, da es mich an dunkle Zeiten erinnert, nämlich an den Radikalenerlass.“ In den siebziger Jahren, unter Kanzler Willy Brandt, hatten sich Bund und Länder auf eine Regel-Überprüfung verständigt – Mitglieder der DKP, der K-Gruppen und der NPD durften damals nicht in den öffentlichen Dienst übernommen werden.
Behrens sagte, man müsse die Verfassungstreue immer am Einzelfall prüfen und solle es nicht pauschal an einer Parteimitgliedschaft ausrichten. Das gelte auch für die Frage, ob die Waffenbehörden Sportschützen, die eine Waffe beantragen, diese bei der AfD-Mitgliedschaft verweigern sollten. Ein solches Vorgehen könne „verfassungsrechtlich problematisch sein“, zumal die AfD weiterhin nicht verboten sei, ja ein Verbotsverfahren nicht einmal eingeleitet wurde. Unter den rund 5000 niedersächsischen AfD-Mitgliedern sind einige Beamte, teilweise auch Leute mit Mandaten und leitenden Funktionen. Vor ein paar Jahren gab es einen speziellen Arbeitskreis der Beamten in der AfD – und zu den Treffen sollen damals, bei weit weniger Mitgliedern als heute, etwa 20 Leute gekommen sein. Der AfD-Bundesverband geht inzwischen gerichtlich gegen die Einstufung des Bundesamtes für Verfassungsschutz an. Die Klassifizierung dürfte vor Gericht ausgefochten werden, dort wird das bisher als geheim eingestufte Gutachten wohl eine wichtige Rolle spielen. Bis zum Prozessbeginn dürften aber wohl noch viele Wochen vergehen.
Niedersachsens Verfassungsschutz stuft die AfD bisher als „Verdachtsfall“ ein, also unterhalb der jetzt vom Bundesamt getroffenen Klassifizierung „gesichert rechtsextrem“. Behrens erklärte, die bisherige Einstufung sei 2024 verlängert worden. Im Mai 2026 müsse entschieden werden, ob es auch in Niedersachsen eine Anhebung auf „gesichert rechtsextrem“ gebe – oder ob die Beobachtung des AfD-Landesverbandes durch den Verfassungsschutz eingestellt werde. „Ich kann mir heute nur schlecht vorstellen, dass die Beobachtung dann enden soll“, meinte die Ministerin.