17. Sept. 2023 · Finanzen

Viel spricht dafür, dass die lange Blockade der IT-Anschaffung für die Nord/LB heute endet

Der Ort ist geheim, die genaue Uhrzeit auch. Mediale Begleitmusik mögen die Akteure nicht – obwohl doch monatelang auch öffentlich gestritten wurde. Es geht um die Zukunft der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB), für die der heutige Montag, 18. September, zum Schicksalstag werden dürfte. Entweder gelingt es am heutigen Tag, die monatelange Blockade der Anschaffung einer neuen Bank-IT im Aufsichtsrat und in der Trägerversammlung der Bank zu beenden. Oder aber, sollte das wieder nicht gelingen, steuert die Nord/LB vermutlich in eine Krise. In diesem Fall nämlich müsste dann die Bankenaufsicht irgendwann Auflagen verhängen und Fristen setzen, damit die Nord/LB noch den strengen regulatorischen Anforderungen genügen kann.

Bei der Nord/LB werden an diesem Montag voraussichtlich zentrale Entscheidungen für die Zukunft der Landesbank getroffen. | Foto: Link

Was war geschehen? 2019 sind die Gemeinschaft der deutschen Landesbanken und die Gemeinschaft der deutschen Sparkassen als Miteigentümer in die Nord/LB eingestiegen. Das war damals nötig, da die Landesbank unter anderem wegen fragwürdiger Schiffskredite in eine Schieflage geraten war und Unterstützung bei der Eigenkapitalausstattung brauchte. Auch das Land Niedersachsen musste seinerzeit kräftig stützen – mit 1,5 Milliarden Euro an Anteilen und weiteren Garantien von 500 Millionen Euro. Die Sparkassen- und Landesbankenfamilie steuerte 1,2 Milliarden Euro hinzu.

Nun sehen die Kräfteverhältnisse so aus: Mehr als 57 Prozent trägt das Land Niedersachsen, je 12 Prozent die Gemeinschaft aller Sparkassen und die Gemeinschaft aller übrigen Landesbanken – die „Fides“ genannt werden, 9 Prozent der Sparkassenverband Niedersachsen, 6,3 Prozent das Land Sachsen-Anhalt, 1,8 Prozent die Sparkassen aus Sachsen-Anhalt und 1,25 Prozent die Sparkassen aus Mecklenburg-Vorpommern. In der Trägerversammlung hatten die „Fides“-Gemeinschaften mit ihrem 24-Prozent-Anteil den Kauf der neuen IT für die Nord/LB mit einem Veto versehen. Sie sagen, dass die Nord/LB zu groß werde, obwohl doch eine Schrumpfung vereinbart worden sei.



In mehreren Krisengesprächen war Aufsichtsratschef Gerald Heere, Niedersachsens Finanzminister, auf die Kritiker zugegangen und hatte einen Kompromiss gesucht. Dieses Verhalten war von der CDU-Landtagsopposition teilweise als „zu zaghaft“ gerügt worden – zumal Heere lange Zeit kein Entgegenkommen erzielen konnte. Ende Mai drohte Ministerpräsident Stephan Weil dann beim Deutschen Sparkassentag in Hannover, man könne ja notfalls auch „die Kooperation einvernehmlich beenden“. Das konnte so verstanden werden, dass das Land Niedersachsen die „Fides“-Gemeinschaften aus der Nord/LB herauskauft.

Dazu kommt es nun offenbar nicht. Das Kompromissmodell sieht so aus: Die 500 Millionen Euro teure IT wird nur schrittweise angeschafft, nach jedem Schritt (etwa nach der Bestellung der ersten Tranche für 100 Millionen Euro) wird geprüft und geschaut, was weiter nötig ist und ob die Anschaffung weiter ergänzt werden muss. Außerdem soll ein Gutachten in Auftrag gegeben werden, dass unabhängig die Chancen einer Herauslösung der „Braunschweigischen Landessparkasse“ (BLSK) aus der Nord/LB analysiert – und auch Wege dazu aufzeigt. Das Gutachterergebnis soll dann zeitnah vorliegen, der Zeitpunkt dürfte Teil der Kompromissfindung werden.

Bisher ist die BLSK ein unselbstständiger Teil der Nord/LB, die Kommunen des Braunschweiger Landes pochen seit langem darauf, selbst kommunaler Herr der Sparkasse in ihrer Region werden zu können. Bei dem Kompromiss ist nun aber weniger das Interesse der Braunschweiger die Triebfeder, sondern der Versuch der „Fides“-Gemeinschaften, die Nord/LB von allen Sparkassen-Elementen zu befreien. Skeptische Beobachter meinen, sie wollten das deshalb, um sich irgendwann später leichter von ihrem Engagement für die Nord/LB verabschieden zu können.

Ob der Kompromiss zustande kommt? In Hannover geben sich viele, die nur vertraulich reden wollen, durchaus optimistisch. Allerdings: Das waren sie in den zurückliegenden Monaten schon öfter gewesen – und mussten dann die beharrliche Weigerung von „Fides“ spüren.


Dieser Artikel erschien am 18.9.2023 in Ausgabe #160.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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