27. Aug. 2023 · 
Landwirtschaft

Unwissenheit oder Vorsatz: Jede zweite Kontrolle des Laves deckt Mängel auf

Der Anteil der Verstöße, die niedersächsische Veterinärbehörden bei ihren regelmäßigen Kontrollen feststellen, lag im vergangenen Jahr bei 52 Prozent und hält damit in etwa das Niveau der Vorjahre. Für Prof. Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer des niedersächsischen Landkreistages (NLT), ist das ein Beleg dafür, dass die Intensität, mit der die Betriebsprüfungen durchgeführt werden, so beibehalten werden muss – „damit kein Schlendrian Einzug hält.“

NLT-Hauptgeschäftsführer Prof. Hubert Meyer verteidigt die Kontrollintensität der kommunalen Behörden. | Foto: Kleinwächter

55.600 Kontrollen wurden von den 43 kommunalen Veterinärbehörden im vergangenen Jahr durchgeführt. Laut Verbraucherschutzbericht, den Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) am Freitag gemeinsam mit Prof. Meyer und Prof. Eberhardt Haunhorst, dem Präsidenten des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves), vorgestellt hat, wurden dabei rund 29.200 Verstöße festgestellt.

In fast 26.300 Fällen wurden die betroffenen Betriebe mit entsprechenden Maßnahmen belegt, um den ermittelten Missstand abzustellen. So habe man bei 374 Kontrollen und 24 Probennahmen Verwarnungen ausgesprochen, Ordnungsverfügungen habe es bei 674 Kontrollen und 259 Probennahmen gegeben. Bei mehr als 8500 Kontrollen wurden die Mängel in Kontrollberichten dargelegt und eine entsprechende Nachkontrolle angekündigt. Die schärferen Schwerter Bußgeldverfahren und Strafverfahren kamen in insgesamt 810 respektive 276 Fällen zum Einsatz. „Das zeigt, dass es bei gravierenden Verstößen vor Ort keine Toleranz gibt“, erklärte Prof. Meyer.

Stellen den neuen Verbraucherschutzbericht vor: Prof. Hubert Meyer (NLT), Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) und Prof. Eberhard Haunhorst (Laves). | Foto: Kleinwächter

Ministerin Staudte sagte, der Bericht zeige, wie gut die Überwachungsbehörden vor Ort, das Laves und ihr Ministerium zusammenarbeiteten. Die hohe Zahl der Verstöße könne einen aber nicht zufriedenstellen. „Ich bin auch der Auffassung, dass es Konsequenzen geben muss, wenn die Verstöße schwerwiegend sind“, sagte Staudte. Es müsse aber unterschieden werden, ob kriminelle Energie dahinterstecke oder schlicht Unwissenheit.

Bei letztem setzt die Ministerin auf Schulungen, wie sie etwa vom Laves angeboten würden. Sanktionen sollten hingegen empfindlich treffen, etwa durch Gewinnabschöpfungen, weil diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten, Verwerfungen am Markt verursachten. „Wir müssen die schützen, die sich korrekt verhalten.“

Neue Regeln bei Geflügelpest-Ausbruch

Sorgen bereitet den Veterinärbehörden die anhaltend hohe Belastung durch die Geflügelpest. Diese sei inzwischen kein saisonales Ereignis mehr, sondern überziehe das Land dauerhaft, erklärte Prof. Meyer. Die Bekämpfung einer weiteren Ausbreitung des Erregers sei damit zu einer Daueraufgabe für die Behörden geworden – und als solche müsse sie leistbar bleiben. Deshalb setzt sich der Landkreistag auf Bundesebene und bei der Europäischen Kommission dafür ein, die Regeln beim Ausbruchsfall an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

Agrarministerin Miriam Staudte besucht derzeit alle sechs Standorte des Laves, am Freitag durfte sie in Hannover selber Proben aus Speiseeis entnehmen. | Foto: Laves

Die EU-Bestimmungen werteten die Geflügelpest noch immer als ein Ereignis der „Kategorie A“, was heißt, dass der Erreger innerhalb der EU eigentlich nicht vorkomme, weshalb die Strategie zur Bekämpfung auf eine sofortige Ausrottung ausgelegt sei. Weil diese Kategorisierung aber nicht mehr stimme, sei auch der Maßnahmenkatalog falsch, argumentiert man beim Landkreistag.

Ziel der Gespräche mit der Bundespolitik und der Brüsseler Behörde sei es, die Geflügelpest in die Kategorie B zu verschieben und die Schutzmaßnahmen differenzierter auszugestalten. So könnte man etwa an den strengen Schutzradien, die um einen Ausbruchsbetrieb herum gezogen werden und innerhalb derer alle Betriebe mit Restriktionen überzogen werden, Änderungen vornehmen – ohne dabei signifikant das Übertragungsrisiko zu erhöhen. Größte Bedeutung komme betriebsinternen Biosicherheitsmaßnahmen zu. Wann derartige Anpassungen umgesetzt werden können, lässt sich derzeit schwer sagen, es dürfte allerdings noch einige Zeit vergehen.

Thunfisch und Grillgut im Fokus

Bei den Lebensmittelkontrollen haben das Laves und die kommunalen Veterinärbehörden im vergangenen Jahr schwerpunktmäßig die Thunfischverarbeitung sowie fleischliches Grillgut unter die Lupe genommen. Im Landkreis Aurich hat das Laves 144 Proben von Konserventhunfisch in der Gastronomie genommen. 92 davon waren unauffällig, in 33 Proben wurden allerdings erhöhte Keimgehalte festgestellt. 14 Proben wurden aufgrund der Verunreinigung sogar so eingestuft, dass sie für den Verzehr nicht geeignet sind. In fünf Proben stellte man einen zu hohen Histamin-Gehalt fest.

Beim Grillgut stellte man fest, dass dort in einem Drittel der Proben aufgetaute Tiefkühlware enthalten war, obwohl die Verpackung frisches Fleisch versprochen hatte. Auch hat man sich Grillhähnchen-Wagen genauer angesehen und festgestellt, dass man es dort zu häufig mit der Kühlung der Hähnchen und der Saucen nicht so genau nimmt. Durch das Erhitzen der Grillhähnchen seien diese allerdings für den Verzehr dennoch geeignet, berichtete Prof. Haunhorst.

Laves wappnet sich gegen Radioaktivität

Sieben Mitarbeiter des Laves messen an vier Orten im Land die Radioaktivität von Lebensmitteln. Wie Laves-Präsident Prof. Haunhorst erläuterte, sei durch den Krieg in der Ukraine und eine dadurch drohende Atomkraftwerk-Havarie im vergangenen Jahr eine neue Bedrohungslage entstanden, für die man in Niedersachsen aber gut gewappnet sei. Im Notfall könnte das Team der Radioaktivitätsmesser um weitere Mitarbeiter aus den Kommunen ergänzt werden, versicherte er. Zudem werde der Ausnahmefall jährlich geübt. (nkw)

Dieser Artikel erschien am 28.8.2023 in Ausgabe #145.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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