28. März 2022 · 
Umwelt

Umweltressort legt sich im Rechtsstreit um Schacht Konrad nicht vor der Wahl fest

Unter Tage bauen Bergleute in Schacht
Konrad eine Einlagerungstransportstrecke.| Foto: BGE

Wie steht die Landesregierung zu der Aufforderung von Nabu und BUND vom Mai 2021, den Planfeststellungsbeschluss für den Schacht Konrad als Atommüll-Endlager zu kippen? Nach den Worten des Atom-Abteilungsleiters im Umweltministerium, Andreas Sikorski, braucht das Land noch Zeit zur Prüfung. „Das wird mindestens noch ein Jahr dauern, vielleicht auch zwei“, erklärte Sikorski am gestrigen Montag in der Sitzung des Landtags-Umweltausschusses. Man habe zwei Erwiderungen auf die Klage entgegengenommen – zum einen von der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), der Betreiberin des Lagers, zum anderen von der Aufsichtsbehörde BASE, dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung.

„Wir sind uns mit dem Bundesumweltministerium einig, dass der Schacht Konrad ein Schlüsselprojekt im nationalen Endlagerprogramm ist. Daher gilt das Prinzip Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, betonte Sikorski. Das niedersächsische Umweltministerium ist als Aufsichtsbehörde für die Planfeststellung zuständig, von seiner Stellungnahme zum Antrag der Verbände hängt am Ende also viel ab. Die Aussage von Sikorski hat nun zur Folge, dass sich die Fachleute von Umweltminister Olaf Lies (SPD) vor der Landtagswahl nicht mehr in der Sache positionieren werden.

Tatsächlich gerät die Landesregierung bei diesem Thema in eine Zwickmühle: Die Bundesregierung und die BGE als Betreiberin stehen zu den bisherigen Planungen, sie wollen nahe Salzgitter das Endlager für schwach- und mittelradioaktive Stoffe errichten. Die Inbetriebnahme ist bisher für 2027 vorgesehen. Die Proteste auf der anderen Seite kommen nicht nur vom Naturschutzbund und vom BUND, sondern auch von der Stadt Salzgitter, der IG Metall, dem Landvolk und einer seit vielen Jahren sehr regen Bürgerinitiative.

Die 3D-Grafik gibt einen Ausblick darauf, wie das Endlager Konrad nach seiner Fertigstellung aussehen soll. | Quelle: BGE

Die Skepsis gegenüber dem Schacht Konrad als Atommüllendlager reicht lokal über ein breites Parteienbündnis von SPD, CDU und Grünen bis FDP und Linken, diese Positionen spiegeln sich auch in den Landtagsfraktionen wieder. Wie immer sich das Umweltministerium jetzt zu dem Thema verhält, es wird eine Seite verärgern – etwa die Konrad-Gegner vor Ort oder die Bundesbehörden BGE und BASE als Betreiber und Aufsichtsbehörde der Betreiber. Eine Festlegung noch vor der Landtagswahl hätte womöglich aufgeheizte Diskussionen nach sich gezogen.

Atom-Abteilungsleiter Sikorski schilderte im Umweltausschuss zunächst die Zusammenhänge: Im Mai 2021 hatten Nabu und BUND eine neue Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Anlass genommen, einen Antrag auf Rücknahme und Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses zu stellen. Sie argumentierten, dass die Umweltbelange vor Erlass des Beschlusses 2002 nicht geprüft worden waren, dass es zudem fahrlässig sei, ein Konzept zur Müllendlagerung zu entwerfen, ohne die Rückholbarkeit zu prüfen oder die geologischen Bedingungen genau untersucht zu haben. In den vergangenen Jahren habe die BGE begleitend zum Start der Ausbauarbeiten den Planfeststellungsbeschluss immer wieder abgeändert, das sei allein 60 mal der Fall gewesen. In der Summe ist das aus Sicht der Umweltverbände eine „wesentliche Veränderung“ des alten Beschlusses, damit sei die Forderung nach dessen Rücknahme berechtigt.

Nach Sikorskis Worten sieht die BGE es anders und hält die Detailänderung jeweils für unwesentlich. Im Übrigen hätten aus Sicht der BGE die Umweltverbände in jedem Schritt seit 2017 auch das Recht zur Klage dagegen gehabt – sie hätten diesen Weg aber nicht beschritten und damit die Rechtsetzung hingenommen. Daher sei die Klagemöglichkeit erloschen. Der Abteilungsleiter aus dem Umweltministerium bat nun um Geduld, damit diese juristischen und fachlichen Positionen gründlich gegeneinander abgewogen werden können. Den von Imke Byl (Grüne) geäußerten Verdacht, die Prüfung solle in die Länge gezogen werden, wies Sikorski zurück: „Wir teilen die Auffassung der BGE nicht, wir prüfen sie.“ BGE und Bundesregierung sähen den Antrag der Umweltverbände „mit großer Sorge“.

Quelle: BGE
Dieser Artikel erschien am 29.3.2022 in Ausgabe #059.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail