Überzeugt uns vom E-Auto!
Darum geht es: Die Bundesnetzagentur hat eine interaktive Karte herausgegeben, auf der E-Tankstellen angezeigt werden. Durch fehlende Daten sind aber allen in Niedersachsen mehr als zwei Drittel der Stromzapfsäulen nicht verzeichnet. Dazu ein Kommentar von Isabel Christian.
Die Elektromobilität scheint die Pechmarie der Bundesregierung zu sein. Egal, womit Verkehrsminister Alexander Dobrindt den Deutschen das „saubere“ Auto schmackhaft zu machen versucht, die Nachfrage bleibt stets hinter den Erwartungen zurück. Jetzt aber hat die Bundesnetzagentur auch noch ein Eigentor geschossen, indem sie die Infrastruktur für E-Autos weit schlechter dargestellt hat, als sie in Wahrheit ist. Der Zeitpunkt ist besonders bitter, denn vor wenigen Wochen erst hat die Bundesregierung stolz verkündet, eine 300 Millionen-Euro-Förderung von der EU zu erhalten, um 15.000 neue Ladesäulen bauen zu können. Die flächendeckende Ausstattung mit Stromzapfsäulen soll nun die Interessierten vom E-Auto überzeugen, nachdem die finanziellen Anreize sich als zu schwach herausgestellt haben.
Bis 2020 sollen eine Million Elektroautos in Deutschland zugelassen sein, 2030 soll sich diese Zahl versechsfacht haben. Dieses Ziel hat sich die Bundesregierung gesteckt. Um es zu erreichen, lockt sie Interessierte mit verschiedenen Sonderrechten. So müssen Käufer von Elektro- und Hybridautos mit einem CO₂-Ausstoß von weniger als 50 Gramm pro Kilometer zehn Jahre lang keine Steuern zahlen. Der Zeitraum wurde erst im vergangenen Dezember von fünf Jahren auf zehn erhöht. Darüber hinaus gibt es seit Juli 2016 eine saftige Kaufprämie. Mit 4000 Euro beteiligt sich der Bund am Kauf reiner Elektroautos. 3000 Euro bekommen Käufer von Hybridfahrzeugen, die zwar mit Strom fahren, aber auch noch einen Verbrennungsmotor haben. Mindestens 300.000 E-Autos sollten dadurch zusätzlich verkauft werden, so die Hoffnung des Bundesverkehrsministeriums. Und um das Angebot zu komplettieren, brauchen E-Autos in vielen Städten keine Parkgebühren zahlen und dürfen zudem auch die Busspur nutzen. Hat alles nicht viel genutzt.
64,6 Millionen Fahrzeuge waren zu Beginn des Jahres beim Kraftfahrt-Bundesamt registriert. 199.427 davon fahren mindestens anteilig mit Strom. Immerhin hat sich der Anteil der E-Autos damit im Vergleich zum Vorjahr von 0,3 Prozent auf 0,4 Prozent erhöht. Ein Grund zum Jubeln ist das aber nicht. Denn das here Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 rückt in immer weitere Ferne.
Dabei ist die Technologie durchaus unterstützenswert. Ein E-Auto ist zwar in der Anschaffung noch vergleichsweise teuer, doch in der Haltung günstiger als Autos mit Verbrennungsmotor. Kommt der Strom aus herkömmlichen Kraftwerken und wird zu einem Preis von 25 Cent pro Kilowattstunde abgegeben, so kostet eine 100 Kilometer lange Fahrt mit einem durchschnittlichen E-Auto 3,50 Euro. Kommt der Strom aus regenerativen Energien, ist der Preis sogar noch geringer. Dieselbe Fahrt mit einem Benziner, der auf 100 Kilometer fünf Liter verbraucht, kostet bei einem Benzinpreis von 1,30 Euro pro Liter dagegen schon 6,50 Euro. Zudem helfen E-Autos dabei, die Luftqualität in Städten zu verbessern. Es stinkt weniger nach Abgasen und es wird weniger Feinstaub produziert, der sich in der Lunge ablagert. E-Autos haben also auch für jeden Einzelnen Vorteile.
Die E-Technologie hat jedoch zwei Schwächen, die maßgeblich dafür verantwortlich sind, weshalb so viele Interessierte den Kauf scheuen: Der Stand der Technik und die Infrastruktur. Wenn man mit dem E-Auto nur 100 Kilometer weit kommt, dann stundenlang eine Tankstelle suchen und sich schließlich ein Motel-Zimmer nehmen muss, weil die Batterie stundenlang zum Laden braucht, gewinnen Diesel und Benziner deutlich an Charme. Die Bundesregierung hat diese Probleme erkannt, auch das wird in ihrem Programm zur Elektromobilität deutlich. Insgesamt zwei Milliarden Euro investiert der Bund in die Forschung, hauptsächlich in die Entwicklung von leistungsfähigen Batterien. Das trägt Früchte: Viele E-Autos haben mittlerweile eine Reichweite von 150 bis 300 Kilometer, die Vorzeigemodelle von Tesla und Opel schaffen sogar 500 Kilometer. Und in der Forschung ist man guter Dinge, mit neuen Batteriekonzepten bald sogar Reichweiten von 1000 Kilometern meistern zu können. Vor einigen Jahren noch war bei den meisten E-Autos nach 100 Kilometern Schluss.
In Sachen Infrastruktur ist die Bundesregierung ebenfalls auf einem guten Weg, doch es geht noch besser. Karten privater Anbieter zeigen, dass es zumindest großräumig überall eine Stromtankstelle gibt. Doch die 15.000 geplanten Anlagen dürfen nicht die letzten sein, um Interessierte davon zu überzeugen, dass der Alltag mit einem E-Auto genauso bequem ist wie mit einem Diesel oder Benziner. Dazu gehört auch ein gewisses Maß an Service. Mit jedem Navigationsgerät kann sich der Autofahrer zur nächsten Tankstelle lotsen lassen. Warum geht das nicht auch mit Stromtankstellen? Zudem muss die Bundesregierung die technischen Errungenschaften massiver bewerben. Bisher haben sich vor allem die Defizite in den Fokus der Öffentlichkeit gedrängt. Hier muss die Regierung ansetzen. Vielleicht mit einer zentralen, gut erreichbaren Webseite, auf der der technische Stand der Dinge verständlich und vor allem laufend aktuell präsentiert wird. Eine Online-Karte der Ladestationen ist daher durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Aber nicht, wenn sie Vollständigkeit verspricht und nicht einmal die Hälfte davon einhalten kann.