Wir Kinder des Spätkapitalismus kennen das doch alle: Man will immer genau das ganz besonders gerne haben, was man nicht haben kann, nicht haben darf. Es beginnt mit dem Schäufelchen des anderen Kindes im Sandkasten und endet bei manchen im extremsten Fall noch immer nicht mit dem Territorium des benachbarten Landes. Ich will! Ich will! Ich will!

Mit dem Schäufelchen fing alles an. | Foto: Zabavna via Getty Images

Der Reiz des Verbotenen ist natürlich kein neues Phänomen, sondern zutiefst menschlich. Denken Sie nur an Adam und Eva und die Frucht des Baumes, von dem sie nicht essen durften. Was den biblischen Urmenschen die verbotene Frucht, ist dem modernen Malocher die Tafel Schokolade, das Glas Rotwein oder die extradicke Scheibe der Salami. Insbesondere in der Passionszeit, der Fastenzeit vor Ostern, ist die Versuchung wieder ein beliebtes Motiv für sonntägliche Predigten oder feuilletonistische Abhandlungen. Selig ist, wer widersteht.

Aber auch in der aktuellen politischen Debatte taucht der Reiz des Verbotenen dieser Tage wieder als Argument auf. Passen Sie auf, es wird holprig:

Warum sollte man etwas verbieten, das viele Menschen doch begehren? Es schmeckt ihnen. Es bewirkt etwas bei ihnen. Es tut ihnen sogar gut, meinen die Befürworter. Okay, für die Jüngsten in unserer Gesellschaft ist es vielleicht nicht so ideal. Vielleicht schädigt es die Nerven, macht sie zumindest unaufmerksam. Auch die Langzeitfolgen sind nicht zu unterschätzen.

Doch würde man es ihnen verbieten, so die Kernargumentation, so würden die jungen Leute es doch nur noch mehr begehren, es sich illegal unter der Ladentheke beschaffen und dann heimlich im Zwielichtigen konsumieren. Gebt es also lieber frei! Und setzt darauf, dass die Eltern ihren Kindern schon vermitteln, wo die Grenzen zum Schädlichen liegen. Das meint zumindest, Achtung: die CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Was? Ausgerechnet die Union ist für den uneingeschränkten Verkauf sogar an Minderjährige? Ja! Zumindest dann, wenn es um Energy-Drinks geht. Woran dachten Sie denn? Etwa an Joints? Was haben Sie denn geraucht?!

Die Versuchung war zu groß – die Polemik konnte ich mir nicht verkneifen. Die ganz un-polemische Grundlage für diese Ausführungen finden Sie in unserer Personalienspalte. Außerdem lesen Sie heute Folgendes bei uns:

• Richterwahl: Wie wird man eigentlich Richter? Bislang hat man sich beworben und wurde nach dem Prinzip der Bestenauslese bestimmt. Nun gibt es Überlegungen zu Richterwahlausschüssen. Klaus Wallbaum weiß, was es damit auf sich hat.

• HIV-Prävention: Eine kleine Delegation aus Südafrika hat vergangene Woche Niedersachsens Landeshauptstadt besucht. Koordiniert vom Landesverband Sexuelle Gesundheit (früher: Aidshilfe) haben sich die Gäste aus Niedersachsens Partnerregion Eastern Cape Inspiration für die HIV-Präventionsarbeit geholt. Am Freitag berichteten sie mir, welche Ideen sie mit zurück nehmen.

• Energiewende: Tim Meyerjürgens, der Deutschland-Chef des Stromnetzbetreibers Tennet, ist unser Niedersachse des Jahres. Was er meinen Kollegen Klaus Wallbaum und Christian Wilhelm Link anlässlich seiner Krönung erzählt hat, lesen Sie heute im Interview.

Ich wünsche Ihnen einen verboten guten Start in die neue Woche!
Ihr Niklas Kleinwächter