13. Apr. 2025 · TagesKolumne

TagesKolumne: Höher, Größer, Panischer

Kaum weht im Landkreis Harburg ein Hauch von Windkraftplanung durchs Amtsblatt, flattern auch schon die ersten Protestbriefe los. Und mit ihnen ein Sturm aus Symbolbildern: 280 Meter hohe Windräder – „so groß wie der Hamburger Fernsehturm!“, raunen besorgte Bürgerinitiativen. Die BI „Gegenwind Raven“ geht sogar noch einen Schritt weiter und malt ein Dutzend Eiffeltürme vor Putensen, Eyendorf und Raven an die Wand. Mon dieu!, möchte man da sagen. Es fehlt nur noch, dass jemand den Burj Khalifa ins Spiel bringt – vermutlich als Mahnmal für gescheiterte Bürgerbeteiligung.

Die Realität sieht deutlich unspektakulärer aus: Das höchste Windrad Deutschlands steht in Brandenburg und misst 246,6 Meter – beeindruckend, aber noch lange kein Eiffelturm, vor allem nicht wegen der fehlenden Beleuchtung bei Nacht. Und es handelt sich auch nicht um Massenware. Die oft zitierten 280-Meter-Giganten existieren bislang vor allem als Drohkulisse auf Bürgerinformationsabenden – wirkungsvoll präsentiert, aber ohne Fundament. In der Praxis liegt die durchschnittliche Gesamthöhe neuer Windräder laut Fachagentur Wind und Solar bei rund 218 Metern. Zwischen Realität und Befürchtung klafft also eine Lücke von etwa 60 Metern. Da passt noch einmal der Neue Leuchtturm auf Borkum dazwischen – und der ist nun wirklich schon von Weitem zu sehen.

Ganz falsch liegen die Windkraft-Verschreckten allerdings nicht: In der Lausitz entsteht tatsächlich ein Windrad mit bis zu 400 Metern Höhe – entwickelt von Ingenieuren, die offenbar nicht nur Strom erzeugen, sondern auch die Raumfahrt herausfordern wollen. Der Turmbau zu Harburg wirkt da plötzlich gar nicht mehr so abwegig. Doch die sächsische Superanlage bleibt ein Sonderfall: Sie nutzt konstanten Höhenwind, liefert mehr Volllaststunden und benötigt keine zusätzliche Fläche – und stellt aufgrund der hohen Kosten und technischen Herausforderungen vorerst eine Ausnahme dar.

Zwischen realer Technik und symbolischer Bedrohung verschwimmen schnell die Maßstäbe. Es bleibt ein durchaus nachvollziehbarer Respekt vor deutscher Ingenieurskunst – und der Verdacht, dass es nicht die Windräder sind, die uns über den Kopf wachsen, sondern der eigene Alarmismus.

Kommen wir nun von der diffusen Höhenangst beim Windkraft-Ausbau zu den etwas greifbareren Problemen in Niedersachsen. Heute geht es im Rundblick um diese Themen:

Kultusministerin Hamburg unter Druck: Das VG Lüneburg kritisiert Julia Hamburg: Ihre Beurteilung für Sebastian Böhrs bei der Staatsanwaltschaft-Jobvergabe soll fehlerhaft und rechtswidrig sein.

Rentensystem benachteiligt Frauen: Frauen erhalten im Alter deutlich weniger – vor allem wegen Teilzeit und Minijobs. Der SoVD fordert eine Reform, um die Rentenlücke zu schließen.

Verwaltungsgerichte im Stau: OVG-Präsident Frank-Thomas Hett fordert im Rundblick-Interview eine bessere Abstimmung und effizientere Verfahren, um die überlasteten Verwaltungsgerichte in Niedersachsen zu entlasten.

Lassen Sie den Schattenwurf anderer Ihnen nicht den Montag vermiesen
Ihr Christian Wilhelm Link

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #071.

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