4. Okt. 2023 · 
TagesKolumne

TagesKolumne: Herbst in Bad Gandersheim

Wir waren spät dran. Bis 15. Oktober öffnet die Landesgartenschau in Bad Gandersheim noch ihre Pforten. Am langen Feiertagswochenende waren wir in der Gegend und dachten: Ein paar Blüten tun der Seele gut. Doch wer zu spät in die Themengärten kommt, dem bleibt nur die Erkenntnis: Auch das Verblühte symbolisiert noch irgendwie den Kreislauf des Lebens. 

Was für Sommerblüten gilt, gilt ebenso für schnelles Internet in Niedersachsen, wie Sie heute im Rundblick lesen. 2024 endet die Förderung des Landes für den Glasfaser-Ausbau. Frei nach einem populären Herbstgedicht: Wer jetzt kein Breitband hat, kriegt erstmal keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben



und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Der letzte Satz zumindest ist wirklich von Rilke. Tiefe Herbstgedanken sind aber nicht der einzige Grund, nach Bad Gandersheim zu fahren. Es fühlt sich an wie eine Reise in die alte Bundesrepublik. Ein pferdeschwänziger Vater vor der Imbissbude erklärt seiner Tochter, dass es „gewinkt“ heißt und nicht „gewunken“, wie die meisten glauben. Ich schlage das nach. Der Duden gibt ihm recht, ist jedoch etwas gnädiger als der Vater. 

Chorgesang schallt ohne Pause über das Gelände. Wenn ein Chor müde wird, rückt ein anderer nach. Die Leute am Nebentisch sind im Aufbruch: „Wenn wir noch zur Grabbepflanzung wollen, müssen wir los.“ Uns geht durch den Kopf, dass man zu dem Thema eigentlich nicht zu spät kommen kann, aber wir sagen nichts.

Zwei schwarze Schwäne am Ufer eines Sees
Victoria und Albert, die Trauerschwäne | Foto: Beelte-Altwig

Vom Ufer des Sees klingen seltsam klagende Töne herüber. Das sind Victoria und Albert, die heimlichen Stars der Landesgartenschau. Obwohl sie Trauerschwäne sind, sind sie keine Kinder von Traurigkeit. In ihrer früheren Heimat Coburg wollte man das Paar loswerden, weil man sie regelmäßig vor der örtlichen Eisdiele wieder einfangen musste, erzählt mir eine Dame. Königin Victoria hatte einst die Trauerschwan-Dynastie eingesetzt, nachdem ihr Mann Albert, ein Coburger Prinz, von ihr gegangen war. 

Was hätte Queen Victoria wohl dazu gesagt, dass sich im Rathaus von Hannover jetzt eine nahezu unbekleidete Tänzerin in einer riesigen Champagnerschale räkelte? Warum Nacktheit politisch sein kann, verrät Ihnen gleich Niklas Kleinwächter. Und Klaus Wallbaum war beim Parteitag des mächtigen SPD-Bezirks Hannover. Auch dort herrschte Herbststimmung. Denn der Bezirk hat nicht nur mit dem derangierten Bild der Ampelkoalition zu kämpfen, sondern auch mit dem demografischen Wandel. 

Trotz allem: Ich wünsche Ihnen ein paar optimistische Herbstsonnen-Strahlen für diesen Mittwoch!

Ihre Anne Beelte-Altwig

Dieser Artikel erschien am 4.10.2023 in Ausgabe #140.
Anne Beelte-Altwig
AutorinAnne Beelte-Altwig

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail