Was Arbeitnehmer wirklich wollen, hat das Osnabrücker Unternehmen „zwei.7“ gemeinsam mit Uwe Kanning, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück, in einer Umfrage beleuchtet. „Um 2030 werden nur noch halb so viele Arbeitskräfte ins Berufsleben einsteigen wie ausscheiden“, erklärt Lisa Paul, Partnerin und Personal-Spezialistin bei „zwei.7“.

Das Unternehmen investiert in mittelständische Firmen und Start-Ups und bietet neben Finanzierung auch Beratung an. Mit der Umfrage wollen „zwei.7“ und die Hochschule Osnabrück Handlungsempfehlungen geben in einer Marktsituation, in der sich der Fachkräftemangel dramatisch verschärft und Arbeitnehmer zwischen zahlreichen Angeboten wählen können. Befragt wurden 6000 Fachkräfte unterschiedlicher Branchen in und um Osnabrück mit vorwiegend Büro-Arbeitsplätzen.
Überrascht hat Lisa Paul, wie hoch in allen Altersgruppen Weiterbildung geschätzt wird. Das Vorurteil, dass Über-50-Jährige nicht mehr motiviert seien, Neues zu lernen, konnte die Umfrage entkräften. Gleichauf mit Weiterbildung führt das Weihnachtsgeld die Rangliste der gefragtesten Benefits an, gefolgt von Urlaubsgeld und vermögenswirksamen Leistungen. „Die klaren Favoriten sind all die Themen, die sich monetär auswirken“, so die Studie.
Erwartungsgemäß sind jüngere Arbeitnehmer eher an Zusatzleistungen interessiert, von denen sie sofort profitieren, während ältere Kollegen auf die Altersvorsorge schauen. Lisa Paul rät, auch Benefits nicht zu unterschätzen, die nur in einer bestimmten Lebensphase relevant sind, wie zum Beispiel ein Kindergarten-Zuschuss oder die Möglichkeit, den Hund mit ins Büro zu bringen. „Wichtig ist, flexibel zu bleiben und die Benefits individuell auf die Beschäftigten abzustimmen. Eventuell kann man ein Budget pro Mitarbeiter bereitstellen, innerhalb dessen jeder seine Zusatzleistungen wählen kann.“
Die Arbeitgeber setzen bisher häufiger auf günstigere Benefits wie Firmen- und Teamevents. Das ist auch wichtig, meint die Expertin, trifft aber eher den Geschmack der jungen Kollegen. Warum also nicht diese Gruppe gezielt ansprechen und zum Abend für „Young Professionals“ einladen?
Bei der Frage, ob eine Fachkraft gehen oder bleiben will, sind die Zusatzleistungen allerdings nicht so entscheidend wie die Werte, die im Unternehmen gelebt werden. „Das war eine schöne Überraschung. Glücklicherweise leben wir in einer wertorientierten Gesellschaft“, kommentiert Lisa Paul. Nicht so schön allerdings, dass im persönlichen Erleben Transparenz und Wertschätzung auf den letzten Plätzen landeten. Nur 56 beziehungsweise 58 Prozent der Beschäftigten attestieren das ihrem Arbeitgeber.
„Das hat meistens mit der Führungskraft zu tun“, weiß Lisa Paul. Sie empfiehlt Unternehmen, Führungskräfte mit größter Sorgfalt auszuwählen, sie regelmäßig für diese Aufgabe zu schulen und auf eine gute Personalabteilung zu setzen, die das Ohr dicht an den Beschäftigten hat.
Zumindest für Büro-Beschäftigte, welche die überwiegende Mehrheit der Studienteilnehmer darstellen, ist Homeoffice mittlerweile selbstverständlich. 92 Prozent gaben an, diese Möglichkeit zu nutzen. Die Experten waren überrascht, dass ausgerechnet ein als überholt geltendes Arbeitszeitmodell das Beliebtheits-Ranking anführt: die Gleitzeit. „Vermutlich steckt dahinter der Wunsch nach Klarheit und Transparenz“, heißt es in der Studie. Etwa so: „Ich habe vier Überstunden gemacht – dann ist es jetzt auch legitim, einen halben Tag frei zu machen.“
Für kleine Unternehmen oder solche Arbeitgeber, die nicht so flexibel auf die Wünsche der Beschäftigten reagieren können, hat Lisa Paul trotzdem einen Tipp: Es lohne sich in jedem Fall, die Arbeitnehmer regelmäßig nach ihren Vorstellungen zu befragen. Und wenn Chefs argumentieren, die Benefits seien zu kostspielig, dann hält die Personal-Expertin ihnen entgegen: „Rund 29.000 Euro kostet eine unbesetzte Stelle im Jahr.“