Strafzölle lassen Salzgitter-Chef kalt: Direkte Auswirkungen zunächst überschaubar
Der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Heinz Jörg Fuhrmann, bleibt angesichts der US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium gelassen. „Diese Entscheidung hatte sich ja bereits vorher angedeutet. Jetzt gibt es Klarheit. Die direkten Auswirkungen auf die Salzgitter AG sind überschaubar“, sagte Fuhrmann dem Politikjournal Rundblick.
Deutlich gravierender könnten seinen Worten zufolge indirekte Effekte sein. Gemeint sind damit Stahlströme, die bisher zum Beispiel aus der Türkei, der Ukraine oder Russland in die USA gegangen seien und nun Richtung Europa gelenkt werden könnten. Das müsse verhindert werden, meinte Fuhrmann. „Ich bin zuversichtlich, dass die Europäische Union Maßnahmen ergreifen wird, um eine indirekte Schädigung des EU-Stahlmarktes durch die Entscheidung aus Washington zu verhindern. US-Wirtschaftsminister Wilbur Ross hatte gestern mitgeteilt, dass Stahllieferungen aus der EU, Kanada und Mexiko von heute an mit Einfuhrzöllen von 25 Prozent belegt werden. Bei Aluminium sind es zehn Prozent. Fuhrmann hält die Entscheidung aus der wirtschaftlichen Sicht der USA für wenig sinnvoll. „Am Ende zahlt es immer einer. Und das wird in diesem Fall der US-amerikanische Verbraucher sein.“
https://soundcloud.com/user-385595761/salzgitter-chef-fuhrmann-erklart-wer-am-ende-fur-die-strafzolle-bezahlen-wird
Für Europa sieht Fuhrmann durchaus auch positive Effekte. „In Brüssel beobachte ich ein Zusammenrücken der Positionen der EU-Mitgliedsstaaten, was wir so vorher bei den allermeisten Themen nicht gesehen haben. Der übermäßige Druck aus den USA, der sich nicht allein in den Strafzöllen manifestiert, hat bereits dazu geführt, dass die EU näher zusammenrückt. Dem kann ich nur Gutes abgewinnen“, sagte Fuhrmann.
Am Ende zahlt es immer einer. Und das wird in diesem Fall der US-amerikanische Verbraucher sein.
Heinz Jörg Fuhrmann
Der Salzgitter-Chef war am Abend zu Gast beim zweiten Stahlgespräch der CDU in Peine. „Man hätte es nicht besser terminieren können“, sagte der Peiner Landtagsabgeordnete Christoph Plett zu Beginn der Veranstaltung angesichts der wenige Stunden zuvor verkündeten US-Entscheidung. Diese Entscheidung sei keine isolierte Maßnahme, sagte Fuhrmann vor über 100 Gästen. „Wir erleben die generelle Abwendung der USA von dem, was man als Multilateralismus bezeichnet. Das kommt einem nur so spontan vor, weil die Ankündigungen häufig in 140 Zeichen daherkommen.“ Damit spielte Fuhrmann auf das bevorzugte Kommunikationsmittel des US-Präsidenten an: das soziale Netzwerk Twitter. Anderseits seien die Zölle keine neue Erfindung der US-Regierung. Bereits heute beträfen 40 Prozent aller Handelsschutzmaßnahmen Stahl. Und er sei auch davon überzeugt, dass diese aktuelle Phase in den Handelsbeziehungen irgendwann wieder vorbei sein werde.
https://soundcloud.com/user-385595761/metallinduistrie-zu-strafzollen-jetzt-kommt-es-auf-europa-an
In der Metallindustrie löste die Entscheidung der USA gestern Kopfschütteln aus. Niedersachsenmetall-Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt warnte vor eine Spirale der Eskalation. „Heute betrifft es Stahl und Aluminium, morgen sind es die Autos. Die Amerikaner verkaufen aber auf den Auslandsmärkten durch diese Politik nicht ein Auto mehr. Sie müssen aber in Kauf nehmen, dass sich alles, was in den USA angeboten wird, drastisch verteuert. Damit ist keinem geholfen.“ Scharfe Kritik kam auch von der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Die US-Maßnahmen stellten einen protektionistischen Eingriff in den internationalen Handel dar, erklärte Verbandspräsident Hans Jürgen Kerkhoff. Den Vorwurf der USA, EU-Importe bedrohten die nationale Sicherheit, nannte er grotesk.
Die WirtschaftsVereinigung Metalle geht davon aus, dass die deutschen Aluminiumexporte in die USA im kommenden Jahr um 20 Prozent zurückgehen könnten. Schon in diesem Jahr könnte es ein Minus von sieben Prozent geben. „Wir fordern von der Politik, auf das aggressive Handeln der US-Regierung zu reagieren und neue Wege in der Diplomatie einzuschlagen“, sagte Hauptgeschäftsführerin Franziska Erdle. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann reagierte enttäuscht auf die US-Entscheidung, riet aber zugleich zur Besonnenheit. „Wir müssen weiter mit unseren amerikanischen Partnern über eine alternative Lösung sprechen.“ Man müsse im Dialog bleiben, so Althusmann.