
bislang einzige Oberbürgermeisterin. | Foto: Stadtarchiv Braunschweig
Martha Fuchs (1892 bis 1966), einst als Staatskommissarin für das Flüchtlingswesen die erste Ministerin in Niedersachsen (Januar 1947 bis Juni 1948), ist jetzt in einer von der Stadt Braunschweig herausgegebenen biographischen Schrift gewürdigt worden. Bekannt ist die Sozialdemokratin in Braunschweig vor allem, da sie 1959 bis 1964 Oberbürgermeisterin der Stadt war, damals noch in der rein ehrenamtlichen, repräsentativen Funktion. Die 95 Seiten starke Schrift beleuchtet vor allem das frühe Wirken von Fuchs, ihre Kontakte zu vielen Sozialdemokraten in der Weimarer Republik, die heute wohl unter dem Begriff „Netzwerk“ zu fassen waren.
Martha Fuchs wurde nach der Machtergreifung der Nazis verfolgt und im Konzentrationslager Ravensbrück interniert. Zu vielen Persönlichkeiten, die nach dem Krieg Bedeutung erlangten, pflegte sie früh politische Kontakte, so zum späteren Braunschweiger Ministerpräsidenten Heinrich Jaspers, zum späteren niedersächsischen Ministerpräsidenten Alfred Kubel, zum späteren niedersächsischen Innenminister Otto Bennemann und auch zu Otto Grotewohl, der zeitweise ihr engster Berater war. Grotewohl ging später von Braunschweig nach Berlin, war Mitbegründer der SED und Ministerpräsident der DDR.
Das Buch geht nur sehr knapp auf Fuchs‘ Wirken als Oberbürgermeisterin ein – wobei eine ausführlichere Darstellung an dieser Stelle lohnenswert gewesen wäre. Stattdessen wird in einem Beitrag von Hans-Ulrich Ludwig ausführlich geschildert, wie die Braunschweiger Nachkriegspolitik sehr stark von einem gegnerischen Verhältnis zweier starker Blöcke – der Bürgerlichen und der Linken – geprägt war. Sinnbildlich wurde dies in der engagierten Debatte und später dann streitigen Entscheidung über die Frage, ob die Ruine des Braunschweiger Stadtschlosses abgerissen werden sollte. Der Rat der Stadt stimmte kurz vor Weihnachten 1959 mit 23 gegen 22 Stimmen für den Abriss, erst viele Jahre später kam unter dem Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) das Votum für den Wiederaufbau der historischen Fassade. Da Fuchs 1959 als Oberbürgermeisterin die Ratsmehrheit repräsentierte, galt sie als Symbolfigur derer, die den Abriss befürwortet und durchgesetzt haben. Hier hätte eine kritische, analytische Beleuchtung des Wirkens der Kommunalpolitikerin sicher interessanten Lesestoff geliefert – doch leider liefert die Publikation diesen nicht.