17. Nov. 2020 · 
Bildung

Schulen sollen 5000 neue Mitarbeiter einstellen

Geht es nach der Statistik, so entspannt sich die Lage an den allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen leicht. Am Dienstag gab es in 675 der mehr als 2600 Schulen im Land eine Corona-Maßnahme, darunter waren elf kompletten Schulschließungen, in 331 Schulen waren Schüler, Lerngruppen oder Klassen in Quarantäne, und 333 Schulen waren im sogenannten Szenario B, unterrichteten also im wöchentlichen Wechsel in der Schule und zuhause. Kultusminister Grant Hendrik Tonne sieht einen leichten Rückgang bei den Corona-Maßnahmen, in der Vorwoche habe die Gesamtzahl noch bei 696 Schulen gelegen. „80 Prozent der Schulen bieten den eingeschränkten Regelbetrieb für alle Schüler ab, Schulen sind keine Orte, an denen sich das Corona-Virus massiv verbreitet“, stellte Tonne auf eine Pressekonferenz fest. Dennoch stellt er den Schulen noch einmal mehr Geld für zusätzliches Personal und Corona-Schutz zur Verfügung, der  größte Teil des Geldes kommt Tonne zufolge aus dem Corona-Sondervermögen des Landes. Insgesamt will man die Schulen mit 45 Millionen Euro unterstützen. Das seien 20 Euro pro Schüler, rechnete Tonne vor und sprach von einem im Ländervergleich vernünftigen und guten Wert. [caption id="attachment_55165" align="alignnone" width="780"] Foto: MB.[/caption] In dem neuen Corona-Topf für Schulen stehen 25 Millionen Euro für personelle Unterstützung zur Verfügung, das wären rechnerisch rund 5000 neue Kräfte. Die Schulen können sich für ein halbes Jahr pädagogische Mitarbeiter für 450 Euro im Monat einstellen. Rechnerisch stehe damit jeder Schule in Niedersachsen mindestens eine zusätzliche Kraft zu Verfügung, erklärte Tonne. Man wolle vor allem kleinen Schulen mit geringem Budget helfen. Die Gesamtsumme für Zusatzpersonal ist noch einmal unterteilt in nicht-lehrendes (20 Millionen) und lehrendes Personal (fünf Millionen). Die übrigen 20 Millionen im Hilfspaket können die Schulen zum Beispiel für Plexiglasschutzwände, Wechselmasken oder FFP2-Masken ausgeben. Im sehr begrenzten Umfang könnten dort, wo die Lüftung nicht gewährleistet sei, auch Luftfilteranlage angeschafft werden, erklärte der Kultusminister. Dabei werde es sich aber um Ausnahmefälle handeln. Er nannte als Beispiel fensterlose Werkräume, die derzeit nicht genutzt werden können. Wichtig war Tonne, dass es bei der Nutzung der Gelder keine zentrale Vorgabe geben soll. Die Kollegien sollten vor Ort entscheiden, an welchen Stellen es Bedarf gibt. „Es geht um Ruhe und Vertrauen in das Bildungssystem“, erklärte der Kultusminister. Die konkrete Förderrichtlinie werde in dieser Woche mit der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände abgestimmt. Die Kommunen fühlen sich allerdings nicht mitgenommen. Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund kritisierte das Vorgehen des Kultusministeriums als inakzeptabel. Es habe im Vorfeld keine Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden gegeben.
Wir bekommen immer mehr Nachrichten von verzweifelten Schulbeschäftigten. Und wir fragen uns, wie es sein kann, dass der Kultusbereich um jede müde Mark betteln muss.
Laura Pooth, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Niedersachsen, bestritt die Pressekonferenz mit Tonne zusammen, wies aber gleich zu Beginn darauf hin, dass „dieser Auftritt kein Schulterschluss“ sei.  Sie wolle die Gelegenheit für einen dringenden Appell an die Landesregierung nutzen. „Wir bekommen immer mehr Nachrichten von verzweifelten Schulbeschäftigten. Und wir fragen uns, wie es sein kann, dass der Kultusbereich um jede müde Mark betteln muss“, kritisierte Pooth. Nicht anschließen wollte sich Pooth der Aussage der GEW-Bundesvorsitzenden Marlis Tepe, die die Bundesländer als verantwortungslos bezeichnet hatte, weil kein Wechselunterricht zugelassen werde. Ein Wechsel in das sogenannte Szenario B bedeute einen riesengroßen Mehraufwand für die Lehrkräfte und man verliere einen Großteil der Schülerschaft, meinte die GEW-Landesvorsitzende in Niedersachsen. „Außerdem wäre das nur eine kurzfristige Lösung, wie soll es denn dann nach Weihnachten weitergehen? Wir plädieren vielmehr dafür, alles zur Verfügung zu stellen, damit Schüler ihr Recht auf Bildung wahrnehmen können.“ Für Andrea Kunkel, Vorsitzende des Schulleitungsverbands, kommen die zusätzlichen Mittel spät, aber nicht zu spät. „Entscheidend ist, dass wir über den Einsatz der Mittel individuell vor Ort entscheiden, je nach Bedingungen“, machte Kunkel in der Pressekonferenz deutlich. Die Stimmung in den Schulen sei von Sorge und Angst gekennzeichnet. Kritik kam am Dienstag aus der Landtagsopposition. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Julia Hamburg monierte, es fehle immer noch ein „schlüssiges Gesamtkonzept, um die niedersächsischen Schulen grundlegend besser gegen die Pandemie zu wappnen. Der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling meinte, die vorgesehenen 20 Euro pro Kopf seien entschieden zu wenig, um über den Winter zu kommen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #207.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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