21. Okt. 2019 · Parteien

Schock für CDU in Vechta und SPD in Hannover: Große Parteien schwächeln in ihren Hochburgen

Das vergangene Wochenende brachte für die SPD und die CDU in Niedersachsen unangenehme Botschaften. Am Freitag wurde eine Umfrage bekannt, die schlechte Chancen für den SPD-Bewerber zur Oberbürgermeisterwahl in Hannover am kommenden Sonntag vorhersagte. Demnach würde der Sozialdemokrat Marc Hansmann nur auf Platz drei kommen – hinter dem von der CDU benannten parteilosen Kandidaten Eckhard Scholz und dem Grünen-Bewerber Belit Onay. Am Sonntagabend dann gab es schlechte Nachrichten für die Christdemokraten. https://www.youtube.com/watch?v=A0XXB0ZdNhY In ihrer bisherigen Hochburg Vechta liegt bei der Bürgermeisterwahl der von SPD, Grünen, Wählergemeinschaft und FDP gestützte Kandidat Kristian Kater (SPD) deutlich in Führung, er verpasste nur knapp die absolute Mehrheit. Das ist schon eine Sensation in der CDU-Hochburg. Der CDU-Bewerber Heribert Mählmann liegt mit mehr als 15 Punkten Abstand dahinter auf Rang zwei, dicht gefolgt von Claus Dalinghaus, einem ehemaligen CDU-Kommunalpolitiker, der sich nach internem Streit mit seinen Parteifreunden vor Ort überworfen und eine eigene Gruppierung gegründet hatte.

Der Ausgang ist noch nicht entschieden

In beiden Fällen sind die Entscheidungen nun noch nicht getroffen. In Vechta müssen sich Mählmann (29,6 Prozent) und Kater (45,4 Prozent) in einer Stichwahl messen. Der erste Wahlgang für die OB-Wahl in Hannover ist erst am kommenden Sonntag. Laut der Forsa-Umfrage im Auftrag der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung liegt Hansmann bei 23 Prozent, Onay bei 26 und Scholz bei 28 Prozent. Das heißt auch, dass alle drei recht dicht beieinander sind – und die Mobilisierung in der letzten Woche noch einiges bewegen könnte. https://www.youtube.com/watch?v=C0B30bZAB88&t=7s Die Umfrage hat in den Parteizentralen für reichlich Kopfzerbrechen gesorgt. In der CDU heißt es, die führende Rolle für Scholz verschaffe ihm Rückenwind, die Siegeschance könne die Anhänger anstacheln. Fast 40 Prozent der Befragten hatten angegeben, sie seien noch unentschieden. Nur ein Drittel sagte, die Rathausaffäre in Hannover um verbotene Zulagen für hochrangige Mitarbeiter, die zum Sturz des bisherigen OB Stefan Schostok (SPD) führte, habe für sie Relevanz bei der Wahl – für zwei Drittel galt das nicht. Scholz will in der letzten Woche vor der Wahl verstärkt auf die Ursache der vorgezogenen OB-Wahl hinweisen, nämlich die Rathausaffäre, die viele auch mit „Filz in Hannover“ übersetzen.

"Heilsamer Schock" für die SPD?

Bei den Grünen wird zwar bedauert, dass Onay nicht auf Platz eins liegt, wie es nach dem starken Abschneiden der Partei bei der Europawahl zu erwarten gewesen wäre. Aber wenn Onay und Scholz in die Stichwahl kommen sollten, würde ein gemeinsames „rot-grünes Potenzial“ klar die Mehrheit haben – denn der CDU-Kandidat bleibe schwächer als frühere CDU-Kandidaten bei hannoverschen Oberbürgermeisterwahlen. In der SPD reden manche mit Blick auf die Umfrage von einem „heilsamen Schock“: Das könne mobilisierend für die Parteianhänger werden, denn es gelte jetzt, den Führungsposten im Rathaus nach 70 Jahren SPD-Herrschaft in Hannover zu verteidigen. Das sei eine fast schon historische Aufgabe.

Entwicklung passt in den allgemeinen Trend

So unklar der weitere Verlauf in beiden Städten ist, so auffällig ist, wie sehr die Entwicklungen in eine Reihe anderer Wahlergebnisse in diesem Jahr passen. So hatten bei verschiedenen Wahlen von Hauptverwaltungsbeamten sowohl Sozial- als auch Christdemokraten ihre Hochburgen krachend verloren, auch solche, die seit vielen Jahrzehnten als absolut sicher galten.
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Die CDU etwa verlor den Posten des Landrats in Osnabrück nach 73 Jahren, sie unterlag auch bei der Bürgermeisterwahl in Duderstadt. Die SPD büßte den Landratsposten in Aurich ein, außerdem den Oberbürgermeisterposten in Emden. Sie verlor zudem die Landratswahl in Holzminden. In jeder Kommune waren die Voraussetzungen unterschiedlich, in einigen Fällen (etwa Emden, Aurich oder jetzt Vechta) löst heftiger Streit in der dominierenden Partei eine Verunsicherung der Anhängerschaft aus. In manchen Fällen könnte auch der Überdruss mit der langjährigen Vorherrschaft der einen starken Partei eine wichtige Rolle gespielt haben. Dies könnte ein landesweites Streben der Wähler nach einer „Erneuerung“ beschreiben.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #184.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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