Ein großes Reformvorhaben steht Mitte April im Landtag zur endgültigen Beschlussfassung an: Das Gesetz zur Beschleunigung des Windenergie-Ausbaus soll nicht nur festlegen, wie groß in jedem Landkreis die Flächen sind, die als vorrangige Windkraft-Gebiete gelten sollen. Gleichzeitig soll ein Anreiz an die Kommunen in Form einer Abgabe der Betreiber festgelegt werden. Diese Absicht löst gegenwärtig in vielen Rathäusern Stirnrunzeln aus. Die Windenergie-Investoren werden voraussichtlich verpflichtet, 0,2 Cent je Kilowattstunde des erzeugten Stroms an die Kommunen zu überweisen, die im Umkreis von 2,5 Kilometern rund um den Turm der Anlage liegen. Um die Details der Vorschrift wird gegenwärtig noch gerungen, viele Landtagsausschüsse beraten darüber abschließend. Nun hat der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes (NSGB), Marco Trips, auf eine große Sorge vieler Bürgermeister aufmerksam gemacht. „Die im ersten Entwurf enthaltene Aussage, dass die Windkraftbetreiber bis 30. April des Folgejahres die Abgabe entrichtet haben müssen, ist gestrichen worden. Das lässt Befürchtungen aufkommen, dass es zu Verzögerungen kommen kann“, erklärte Trips gegenüber dem Politikjournal Rundblick. Nach der Neuregelung soll die Überweisung bis zum Ende des Folgejahres geschehen sein.
In den zurückliegenden Wochen ist die geplante Abgabe, die als Anreiz für die Kommunen zu einer zügigen Planung von Flächen für Windparks wirken soll, mehrfach umformuliert worden. Von Unternehmen der Erneuerbaren Energien war die Regelung von vornherein skeptisch betrachtet worden, da sie die Firmen finanziell belastet. Auf Bundesebene sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) lediglich eine Soll-Vorschrift für die Abgabe vor. Das geplante Landesgesetz verpflichtet die Betreiber von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen allerdings. Nach aktuellem Stand soll es zwei Wege geben – entweder die Betreiber entrichten 0,2 Cent je Kilowattstunde an die Kommunen laut Landesgesetz, wie es vorgeschrieben werden soll. Sie können als Alternative aber auch die EEG-Regelung nutzen, die ebenfalls 0,2 Cent vorsieht. In diesem Fall aber wäre es für sie verpflichtend. Für Windparks bestimmter Größe soll zusätzlich noch vorgeschrieben werden, dass zusätzlich noch 0,1 Cent je Kilowattstunde an die Gemeinden gehen. Ursprünglich war die geplante Regel komplizierter. Mit ihr sollte erreicht werden, dass Kommunen oder Bürgergruppen im Wert von rund 20 Prozent an einer Windkraft-Betreibergesellschaft beteiligt werden. Da dieses Ziel in der Praxis kaum umsetzbar erschien, wurde die Formulierung gekappt. Kompliziert bleibt diese im geplanten Gesetz vorgesehene „weitere Beteiligung“ aber dennoch – denn als mögliche Wege werden erwähnt eine gesellschaftsrechtliche Teilhabe an einem Windpark, eine Schwarm- oder Sparfinanzierung, die verbilligte Lieferung von Energie an Kommunen oder eine bezahlte Überlassung eines Teils der Anlage, ebenso Nachrangdarlehen. Irina Brüggeshemke vom juristischen Dienst des Landtags wies am Donnerstag im Landtags-Innenausschuss darauf hin, dass manche dieser Finanzprodukte „risikobehaftet“ seien und somit von den Kommunen gar nicht genutzt werden dürften.
Ein anderer Streitpunkt ist noch die Frage, ob nur den Gemeinden eine Beteiligung zustehen soll oder auch ihren Samtgemeinden, sofern eine solche Ebene existiert. Vorgesehen ist nun, dass die Samtgemeinden die Hälfte des von den Gemeinden eingenommenen Geldes abbekommen sollen. Umstritten ist noch, inwieweit die Ortsteile, in denen Windräder stehen, von den Einnahmen der Gemeinde besonders profitieren sollen. Im Innenausschuss erklärten Ulrich Watermann (SPD) und Nadja Weippert (Grüne), die Regelungen zur „Akzeptanzabgabe“ für Windräder würden dringend erwartet. „Überall im Lande sind gerade die Projektierer unterwegs, viele Gemeinden rechnen nach – und das schafft gegenwärtig Unsicherheit“, sagte Weippert. Birgit Butter (CDU) plädierte für Änderungen auch in den Auflagen für die Landkreise, Vorrang-Flächen für Windkraft auszuweisen. Im Kreis Rotenburg/Wümme bedeute die hohe Auflage beispielsweise, dass man sich von derzeit 250 auf 700 Windräder steigern müsse. In einem eigenen Gesetzentwurf schlägt die CDU unter anderem vor, dass die bisher den Kreisen strikt vorgegebenen Planungsauflagen zwischen benachbarten Kreisen variabel ausgeglichen werden sollen. So solle ein Nachbarkreis einspringen können, wenn ein stark von Auflagen belasteter Kreis in seinen Planungen an seine Grenzen stößt.