Regierung ohne Macht
Darum geht es: Für Rot-Grün im Landtag gibt es seit dem 4. August 2017 keine Mehrheit mehr. Dazu ein Kommentar von Klaus Wallbaum.
Die heftige Regierungskrise, in der sich das Kabinett Stephan Weil jetzt befindet, ist zum großen Teil selbstverschuldet. Seit Jahren schon fremdelt die Landtagsabgeordnete Elke Twesten mit ihrer Partei, sie stand schon lange für einen ganz anderen Kurs als der linke Flügel der Partei, der seit 2013 fast durchgängig den Ton angibt. Aber statt die Politikerin einzubinden, sie wertzuschätzen und dafür zu sorgen, dass auch sie sich wohlfühlt, hat die Führung der rot-grünen Koalition sie ausgegrenzt und ihr wiederholt vor den Kopf gestoßen. Dabei mussten die Fraktionsspitzen von SPD und Grünen doch wissen: Wenn man seine Macht auf nur eine Stimme Mehrheit im Landtag stützt, dann muss man sich gefälligst um jeden einzelnen Abgeordneten kümmern.
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Insofern ist es ein Stück Arroganz der Macht, das nun das Ende dieser rot-grünen Regierung einläutet. Ministerpräsident Stephan Weil steht vor einem Scherbenhaufen. Was will er nun tun? Der Versuch, vorerst an der Macht zu bleiben und mit der neuen schwarz-gelben Landtagsmehrheit ein Stillhalteabkommen zu schließen, ist zum Scheitern verurteilt. Auch für ihn selbst wäre das nicht lohnenswert, denn CDU und FDP könnten ihm das Leben zur Hölle machen – indem sie im Parlament jede Menge Gesetze beschließen und den Haushalt so verändern, dass die Umsetzung für das rot-grüne Kabinett eine Qual wäre. Die Aussage von CDU-Fraktionschef Björn Thümler, man könne ja über die Selbstauflösung des Landtags zu vorgezogenen Neuwahlen kommen, ist in Wahrheit ein Friedensangebot an die SPD. Die CDU drückt damit aus, dass sie auf ein konstruktives Misstrauensvotum verzichten würde und Weil die Schmach ersparen will, schon vor Neuwahlen als – jetzt nur noch geschäftsführender – Ministerpräsident aus dem Amt zu scheiden.
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So bleiben nach diesem aufregenden 4. August 2017 im niedersächsischen Landtag nur zwei Varianten. Entweder kommt es ziemlich bald zu der Entscheidung, die Landtagswahl auf den Herbst vorzuziehen. Oder aber, wenn sich die SPD dazu nicht durchringen kann, versucht die neue Landtagsmehrheit von CDU und FDP am 6. September, Weil zu stürzen und Althusmann zum neuen Ministerpräsidenten zu wählen. Das wäre dann von riesiger medialer Aufmerksamkeit begleitet, und zwar gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl.
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