23. Okt. 2017 · Archiv

Was passiert, wenn es zu keiner Großen Koalition kommt?

Darum geht es: Der Parteirat der Grünen hat ein Jamaika-Bündnis mit CDU und FDP abgelehnt. Er gab die einstimmige Empfehlung für Gespräche mit SPD und FDP. Ein Kommentar von Martin Brüning: Mit der Empfehlung des Parteirats ist eine weitere Koalitionstür in Niedersachsen fast geschlossen. Das Nein der niedersächsischen Grünen zu einem Jamaika-Bündnis ist zwar nicht so kategorisch wie die Ablehnung der Ampel durch die FDP. Aber eine Jamaika-Koalition ist seit dem Abend unwahrscheinlich geworden. Die Grünen schlagen Bernd Althusmann, der schon einmal vorsichtig vorgefühlt und an die Tür geklopft hatte, diese zwar noch nicht direkt vor der Nase zu, klemmen ihm aber die Finger schmerzhaft im Türspalt ein. Es ist bedauerlich, dass die kleinen Parteien nicht über ihre Schatten springen können. Ihr Blick richtet sich vor allem auf die Konflikte der Vergangenheit, dabei wäre es doch nach einer Wahl sinnvoll, in die Zukunft zu schauen. Läuft jetzt also alles automatisch auf die Große Koalition hinaus? Es sieht danach aus, auch wenn die Verhandlungen kein Selbstläufer werden. Zwar gibt es zahleiche Themenfelder, bei denen die beiden großen Parteien inhaltlich nicht kilometerweit voneinander entfernt sind, sei es in der Landwirtschaftspolitik oder auch im Bereich der Wirtschaft. Die mentalen Gräben der vergangenen Jahre zwischen SPD und CDU sind allerdings tief und es wird viel Verhandlungsgeschick nötig sein, um diese für einen soliden Koalitionsvertrag zu schließen. Lesen Sie auch:   Für FDP und Grüne bedeutet das: sie sollten sich nicht zu früh auf ihre Rolle in der Opposition vorbereiten. Wenn die Verhandlungen zu einer Großen Koalition scheitern, kommt die Aufmerksamkeit wie ein Bumerang zu ihnen zurück, und es stellt sich die Frage der Verantwortung. Denn dann gäbe es drei Möglichkeiten. Variante 1: FDP und Grüne müssten über ihren Schatten springen und noch einmal über ein Ampel- beziehungsweise Jamaika-Bündnis nachdenken. Für beide Parteien wäre es eine Möglichkeit, gesichtswahrend umzuschwenken und sich auf Verhandlungen einzulassen, die unter demokratischen Parteien längst hätten möglich sein müssen. Variante 2: Der Landtag entscheidet sich am 19. Dezember für Neuwahlen, weil sich keines der drei möglichen Bündnisse verwirklichen lässt. Die Quittung dafür bekämen die Parteien von den Wählern, die vermutlich dafür wenig Verständnis hätten. Denn das Prinzip, so lange wählen zu lassen, bis das Ergebnis stimmt, ist wenig akzeptabel. Variante 3: Der Landtag könnte eine Minderheitsregierung tolerieren. Das wäre nicht nur eine unglückliche Notlösung, sondern für die FDP möglicherweise der politische Totalschaden. Es ist wahrscheinlich, dass Stephan Weil auch Stimmen der FDP erhalten und damit erneut zum Ministerpräsidenten gewählt würde. Denn in der FDP-Fraktion gibt es nicht nur Abgeordnete, die den Anti-Ampel-Kurs der Partei skeptisch sehen. Sie würden auch ungern zusammen mit der AfD im Landtag gegen Weil und für Bernd Althusmann stimmen – wenn dieser aufgrund der AfD-Stimmen überhaupt antreten würde. Käme aber eine rot-grüne Landesregierung mit FDP-Tolerierung ins Amt, wäre das für die Freien Demokraten gleich eine doppelte Niederlage. Zum einen bliebe es erst einmal bei Rot-Grün in Niedersachsen. Und die FDP könnte nicht einmal zumindest in Teilen den Kurs über eigene Ministerien mitbestimmen, wie es bei einem Ampel-Bündnis möglich gewesen wäre. Da wäre es doch besser, man würde von vornherein einem Ampelbündnis zustimmen und dabei möglichst viele eigene Positionen festzurren. Mail an den Autor dieses Kommentars    
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #187.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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