In der Niedersachsen-CDU macht sich eine Unzufriedenheit mit der Kabinettsliste des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz bemerkbar. Das liegt an der Tatsache, dass keiner der neun Ministerposten, die der Union zustehen, an einen Niedersachsen geht. Dabei ist die Niedersachsen-CDU nach der in NRW und Baden-Württemberg gemessen an der Mitgliederzahl der drittgrößte Landesverband. In der Bundesregierung werden drei Parlamentarische Staatssekretäre aus Niedersachsen vertreten sein - Gitta Connemann (Wirtschaft), Silvia Breher (Agrar) und Mareike Wulf (Bildung und Familie). Da Parlamentarische Staatssekretäre aber ohne größere Macht ausgestattet sind, wird das als "schwacher Ersatz" angesehen. Wie es heißt, soll die Führungsspitze des Landesverbandes um Parteichef Sebastian Lechner "not amused" sein über Merz' Entscheidung. Diese, heißt es in CDU-Kreisen, gehe "ganz allein auf Merz selbst zurück". Einige erklärten die Vorgänge damit, dass frühzeitig der Name des CDU-Europaabgeordneten David McAllister als neuer Bundesaußenminister genannt worden war - unterstützt auch von einer Kampagne der JU Niedersachsen Anfang April. McAllister hatte aber schon vor Wochen intern signalisiert, sich auf seine Arbeit in Brüssel konzentrieren und nicht in die Bundespolitik wechseln zu wollen - zumal er gar kein Bundestagsmandat hat. Nun kursiert die Darstellung, dass Merz trotzdem McAllister gefragt haben soll - und zwar erst vor wenigen Tagen. Als McAllister bei der Gelegenheit seine Absage wiederholte, sei es aber zu spät für einen Alternativ-Ministerposten für einen Niedersachsen gewesen, da Merz für alle anderen Plätze schon Zusagen bekommen haben soll.
Dieser Vorgang wirft auch kein gutes Licht auf die Gruppe der 21 niedersächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten, die von außen "nicht als geschlossenes Team" wahrgenommen werden. So waren etwa Hendrik Hoppenstedt (Burgwedel) und Mathias Middelberg (Osnabrück) nicht auf Merz' Tableau der möglichen Minister. Erst sehr spät soll Merz Middelberg den Posten eines Staatsministers im Auswärtigen Amt schmackhaft gemacht haben - doch der Osnabrücker lehnte ab. Wie es heißt, ist in nicht unerheblichen Teilen der Landespartei nun die Enttäuschung groß. Der Hildesheimer CDU-Bezirksvorsitzende und CDU-Landtagsabgeordnete Uwe Schünemann nannte die Festlegung auf Merz' Tableau "ärgerlich, aber verständlich nach McAllisters Absage". Der Braunschweiger CDU-Landesvorsitzende Christoph Plett sagte, die Personalentscheidungen seien "aus Sicht eines Mitglieds der CDU in Niedersachsen falsch", aber das sei "allein dem Bundesvorsitzenden anzurechnen". Andere meinen, Merz habe nun eine Bringschuld gegenüber Niedersachsen - etwa bei der Klärung von Personalien in der Bundestagsfraktion.