25. Okt. 2023 · 
Umwelt

Meyer: Bund muss Asse-Atommüll rasch bergen und Bürgerinteressen beachten

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) hat am Mittwoch die Schachtanlage Asse II im Kreis Wolfenbüttel besucht, um sich ein Bild vom Fortschritt bei der Rückholung des dort verklappten schwach- und mittelradioaktiven Atommülls zu machen. Er nutzte diesen Termin, um von der Bundesregierung mehr Tempo bei diesem Unterfangen zu fordern. „Die Asse steht für große Verantwortungslosigkeit im Umgang mit Atommüll. Es ist höchste Zeit, dass die Rückholplanungen der radioaktiven Abfälle zügig und auch in Antragsunterlagen umgesetzt werden“, sagte Meyer.

Minister Christian Meyer (Grüne) hat in dieser Woche die Schachtanlage Asse besucht. | Foto: MU

In zehn Jahren soll die Bergung starten, Niedersachsens Umweltministerium ist dabei für die Genehmigung der Bergungsschächte und Rückholanlagen zuständig. In seinem Haus sei für die fachliche Begleitung bereits das Personal aufgestockt worden, erklärte Meyer. „Die Zustände in der maroden Schachtanlage sind untragbar. Die Anlage muss schnell und sicher geräumt und stillgelegt werden. Die Menschen in der Region haben lange genug mit dieser Belastung unter Tage gelebt“, sagte Meyer.

„Die Menschen in der Region sind es leid, mit den Abfällen aus der Asse und den damit verbundenen Gefahren umgehen zu müssen.“

Seit Mitte der 1960er Jahre bis in die 1990er Jahre hinein wurde in dem ehemaligen Bergwerk die Einlagerung von Atommüll wissenschaftlich untersucht. In mehr als 125.000 Fässern wurden fast 47.000 Kubikmeter radioaktive Abfälle dort eingelagert. Durch eindringendes Wasser hat sich diese Lagerung aber als Gefahr herausgestellt, weshalb die Fässer wieder aus dem Bergwerk herausgeholt und in ein noch zu bauendes atomares Endlager verbracht werden sollen. Dieser Prozess zieht sich derweil seit langem hin, was insbesondere bei vielen Bürgern im Umfeld der Asse für Unmut sorgt. Bürgerinitiativen mutmaßen regelmäßig, die Regierung beziehungsweise die zuständige Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wolle die Rückholung der teils schwer zu bergenden Fässer verschleppen. Besorgt zeigt man sich in der Region auch über die Planungen für ein Zwischenlager, in dem die Fässer zunächst untergebracht werden sollen. Weil sich nämlich die Suche nach einem Endlagerstandort und folglich auch der Bau der Anlage weiter verzögert, befürchtet man, dass aus dem Zwischenlager schnell ein Langzeitlager werden könnte. statt einer Inbetriebnahme im Jahr 2050 ist aufgrund von Verzögerungen bereits von den 2080er Jahren die Rede.

Im Anschluss an die Einfahrt in das havarierte Bergwerk hat Minister Meyer am Mittwochnachmittag regionale Bürgerinitiativen getroffen und konnte dabei von einem Briefwechsel mit Bundesumweltminister Steffi Lemke (Grüne) berichten. Von dieser habe er eine stärkere Würdigung der Argumente, Sorgen und Bedenken der Menschen in der Region verlangt. „Die Aussage des Bundes und der BGE, keinen Zwischenlager-Standortvergleich durchführen zu wollen, ist für die Region offensichtlich nicht nachvollziehbar“, erklärte Meyer. „Beim Zwischenlager für Schacht Konrad in Würgassen argumentiert der Bund genau umgekehrt, das ist nicht nachvollziehbar. Gerade auch im Hinblick auf den Beleuchtungsbericht empfehle ich, ausführlicher auf die Argumente der Region einzugehen.“ Der kritische Begleitprozess zur Rückholung wurde erst vor kurzem seitens der Bürgergruppe eingestellt. Meyer hatte damals zugesichert, sich für die Belange der Menschen vor Ort stärker einsetzen zu wollen.

„Die Menschen in der Region sind es leid, mit den radioaktiven Abfällen aus Asse und den damit verbundenen Gefahren umgehen zu müssen.“

„Die Menschen in der Region sind es leid, mit den radioaktiven Abfällen aus Asse und den damit verbundenen Gefahren umgehen zu müssen“, meinte Meyer. Der Landesminister sieht den Bund auch deshalb in der Pflicht, weil die Asse-Abfälle nicht aus der Region, sondern aus dem gesamten Bundesgebiet stammten. Meyer forderte eine „klare Zeitperspektive“ für das Zwischenlager, damit dieses kein Dauerlager werde. Zudem solle der Bund bei der Endlagerplanung schon jetzt die radioaktiven Abfälle aus der Asse berücksichtigen. „Das Bundesministerium hat immerhin klargestellt, dass das Zwischenlager an der Asse ausschließlich für die rückgeholten Asse-Abfälle genutzt werden soll und dass es vom Bund weiterhin die Bereitschaft gibt, einen neuen Begleitprozess mit der Zivilgesellschaft zu starten.“ Für die Betroffenen vor Ort solle der Bund finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit wissenschaftliche Fragestellungen im Zusammenhang mit der Rückholung geklärt und überprüft werden können.

Für Donnerstag hat die Bürgerinitiative „Aufpassen e. V.“ zur Pressekonferenz in Hannover eingeladen. In der Ankündigung deutet der Verein, der seit über 20 Jahren die Arbeiten an der Schachtanlage kritisch beobachtet, sich „neu und gravierend anders ausrichten“ zu wollen. Grundlage dafür sei eine Begutachtung der aktuellen Situation von Asse II durch eine vom Verein in Auftrag gegebene fachliche Expertise.

Dieser Artikel erschien am 26.10.2023 in Ausgabe #186.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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