Der Koalitionsausschuss von Sozial- und Christdemokraten hat sich schon vor Monaten auf einen „Prüfauftrag“ verständigt – und Bauminister Olaf Lies (SPD), in dessen Ressort das Thema fällt, betonte das jetzt noch einmal in der Landtagsdebatte. Man wolle genau untersuchen, wie eine „Landeswohnungsgesellschaft“ ausgestaltet werden kann, damit sie – sollten politisch die Weichen gestellt werden – möglichst rasch mit der Arbeit beginnen kann. „Wir brauchen dieses Instrument“, hob Lies jetzt in einer von den Grünen beantragten aktuellen Debatte hervor. Nicht am fehlenden Geld liege es nämlich, dass die Zahl der neuen Wohnungen in einem Niedrig-Preis-Segment überschaubar bleibe, sondern an den Rahmenbedingungen. Und diese ließen sich, so ist Lies nach eigenen Worten überzeugt, mit einer Landesgesellschaft verändern.
Doch so deutlich wie selten zuvor kam in dieser Debatte dazu eine Absage von den Christdemokraten, vorgetragen vom Vize-Chef der Landtagsfraktion, Martin Bäumer. Auch Finanzminister Reinhold Hilbers sieht, wie er oft betonte, den Vorschlag überaus kritisch – doch Hilbers verfolgte die Debatte interessiert, aber schweigend. Bäumer erklärte, er sei „dagegen, in Hannover eine Gesellschaft zu errichten, die hier dann vorgibt, wie in Einbeck neue Wohnungen gebaut werden sollen“. An dem Problem, dass zu wenig Geld aus dem Topf für die Wohnungsbauförderung abgerufen werde, ändere eine solche Einrichtung nichts. Hier fand Bäumer in den Inhalten Unterstützung auch bei der FDP-Sprecherin Susanne Schütz. Lies indes, der ebenso wie Alptekin Kirci (SPD) als Befürworter der Landesgesellschaft auftrat, widersprach dem Koalitionspartner wenig später. Sicher, hob Lies hervor, könne eine Gesellschaft in Hannover nicht in allen Landesteilen die Probleme lösen – aber sie könne Initialzündung einer stärkeren gemeinsamen Kraftanstrengung sein. Und sie könne eine Vernetzung leisten.
Den Auslöser für die Debatte gab eine Anfrage der Grünen. Deren Baupolitiker Christian Meyer verwies auf die Berichterstattung im Politikjournal Rundblick, wonach es eine Abmachung in der Koalition gab – die CDU setze sich mit ihrem Grundsteuermodell durch (was in dieser Woche im Landtag entschieden wurde), die SPD erhalte im Gegenzug den Prüfauftrag für die Wohnungsbaugesellschaft. „Nun scheint es so zu sein, dass die SPD hier zurücksteckt.“ Meyer verwies auf eine aktuelle bundesweite Statistik, wonach der Rückgang der Sozialwohnungen in Niedersachsen so stark sei wie in keinem anderen Bundesland. Dem widersprach Lies kurz darauf: Zwar laufe die Sozialbindung aus, in vielen Fällen nach etwa 30 Jahren, aber die Mehrzahl der Wohnungen sei in der Hand von kommunalen oder genossenschaftlichen Gesellschaften – und die würden auch nach Wegfall der Bindung sehr oft an einer sozialen, also niedrigen Miete festhalten. Der Grünen-Sprecher sieht nun andere Bundesländer sehr viel besser aufgestellt, so Baden-Württemberg, Hamburg, Sachsen und Thüringen. Das Versprechen von Lies, bis 2030 insgesamt 40.000 günstige Wohnungen bauen zu wollen, sei nicht einmal ansatzweise erreichbar.
Lies stellte die magere Bilanz gar nicht in Abrede. Das liege aber nicht an den Finanzen. Die kräftig ausgeweiteten Fördermittel von 400 Millionen Euro würden nicht so stark wie gewünscht abgerufen, weil die niedrigen Zinsen der üblichen Bank-Angebote für Bauherrn viel interessanter seien – und höhere Renditen versprächen. Die Bautätigkeit in Niedersachsen sei enorm, 2020 seien 30.272 neue Wohnungen fertig geworden, so viel wie selten zuvor. „Aber der Anteil der günstigen Wohnungen bleibt eben sehr gering.“ Hier könne das Land einspringen – und zusammen mit den Instrumenten der Bundesvorgaben etwa zu erleichterten kommunalen Vorkaufsrechten aktiv werden. Eine Mietpreisbremse sei ebenfalls nötig, denn die Anstiege in Hannover, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück und Göttingen sei enorm – auch wenn immer noch weit entfernt von den Verhältnissen in München, Düsseldorf und Köln. Ein Fehler sei es gewesen, fügte Lies hinzu, 2005 die Nileg mit ihren 30.000 Wohnungen verkauft zu haben. Damals hätten diese einen Wert von 1,5 Milliarden gehabt, heute seien es 2,4 Milliarden Euro. „Es geht also auch um Werterhaltung“, hob der Minister hervor.
CDU-Fraktionsvize Bäumer ordnete die Lage anders ein. Wichtig sei es, die vielen Hürden, die einer stärkeren Bautätigkeit entgegenstehen, aus dem Weg zu räumen. Die Feuerschutzvorgaben seien vielerorts, etwa in der Landeshauptstadt Hannover, zu hoch – „ohne die strengen Regeln könnten viele Gebäude in Hannover problemlos aufgestockt werden“. Gerade die Grünen seien es, die sich in vielen Orten auch gegen neue Baugebiete wendeten. Bäumer räumte ein, dass es bisher nicht klappe, die Fördermittel für den Bau günstiger Wohnungen ausreichend zu mobilisieren. Dagegen könne man aber vor allem direkt in den Kommunen aktiv werden.