28. Sept. 2020 · Landwirtschaft

Landwirtschaft leidet unter Trockenheit und Corona-Krise

Niedersachsens Landwirte beklagen das dritte Trockenjahr in Folge. Wie die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) gestern in ihrer Erntebilanz darstellte, habe es erneut zu wenig und sehr ungleich über das Land verteilt geregnet. Die geringen Niederschlagsmengen wirkten sich negativ auf den Ackerbau sowie die Grünlandnutzung aus. In Zahlen ausgedrückt: „Es fehlen je nach Standort zwischen 120 und rund 450 Liter Regen pro Quadratmeter“, berichtete Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer. Vielerorts reichte der Niederschlag lediglich aus, um den akuten Wasserbedarf der Pflanzen zu decken, zu einer nachhaltigen Durchfeuchtung auch der tieferen Schichten komme es dabei aber nicht mehr.
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Vor besonderen Herausforderungen sieht die Landwirtschaftskammer den Osten des Bundeslandes stehen. Dort war es vielerorts so trocken, dass nur noch über Beregnungsanlagen die Felder bewirtschaftet werden konnten. Im Nordwesten habe es mehr Niederschlag gegeben, weshalb die Äcker dort deutlich grüner und üppiger gewesen seien, berichtet Schwetje aus eigener Anschauung. Doch auch im Westen und Nordwesten seien die Niederschläge erneut sehr unterschiedlich stark ausgefallen. „Wer auf leichten Böden ackert, der hatte auch dieses Jahr häufig das Nachsehen“, erläuterte der LWK-Präsident.

Durchwachsene Ernte

Insgesamt fiel die Erntebilanz in diesem Jahr deshalb durchwachsen aus: In den typischen Ackerbauregionen südlich und südöstlich von Hannover seien die Erträge bei der Getreideernte sehr gut ausgefallen, im Westen und Osten allerdings häufig enttäuschend. Beim Durchschnittsertrag verzeichnet die Kammer beim Getreide einen leichten Rückgang von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch bei Winterweizen (minus 3 Prozent) und -gerste (minus 3,9 Prozent) weist die Tendenz nach unten. Bei der Sommergerste weist die Statistik allerdings einen Anstieg um 13 Prozent im Vergleich zum Ertrag im Jahr 2019 aus. Auch von den Kartoffeln wurden in diesem Jahr 14 Prozent mehr geerntet als im Vorjahr, hier zeichnet sich nach den vergangenen Trockenjahren eine Normalisierung ab, die teilweise aber nur durch künstliche Beregnung sichergestellt werden konnte.

Weniger Pommes, mehr Kartoffeln

Die Corona-Pandemie wirkte sich in diesem Jahr ganz unterschiedlich auf den Ackerbau aus. So führten etwa die Schließung der Gastronomie während des Lockdowns und die sonstigen Einschränkungen zu einem Einbruch beim Absatz von Pommes-frites. Ohne Verköstigung in Restaurants, auf Jahrmärkten oder anderen Festivitäten sank die Nachfrage nach den frittierten Kartoffelstangen erheblich. Die Landwirtschaftskammer berichtet, dass die Betriebe, die sich auf Pommes-Kartoffeln spezialisiert hatten, im Frühjahr auf tausend Tonnen Lagerware sitzengeblieben seien. Überschüsse landeten teilweise in Biogasanlagen oder Futtertrögen.
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Ganz anders verhielt es sich allerdings bei der Speisekartoffel. Weil in diesem Jahr vermehrt zuhause gekocht und gegessen wurde, und weil im Frühjahr zahlreiche Hamsterkäufe getätigt wurden, stieg die Nachfrage nach ganz gewöhnlichen Speisekartoffeln merklich an. Den sinkenden Kartoffelpreisen konnte dieser Trend allerdings nicht entgegenwirken. Da der zunehmende Anbau in Osteuropa aufgrund der dortigen Wetterlage deutlich besser verläuft als in Niedersachsen, rechnet man in der Landwirtschaftskammer hierzulande mit einem Preisverfall von 20 Prozent. Bei den Erlösen gab es in diesem Jahr ansonsten nur Rückgänge beim Roggen (minus 2,3 Prozent) und bei der Braugerste (minus 6,4 Prozent).

Wachsende Wertschätzung

Noch viel weitreichendere Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie allerdings auf den Obst- und Gemüsebau. Da in der kritischen Phase unklar war, ob in diesem Jahr Erntehelfer aus Osteuropa nach Deutschland einreisen durften, standen zahlreiche Betriebe vor großen Herausforderungen. Teilweise seien die Felder im Spargelanbau nicht abgeerntet worden, berichtet die LWK. Andere Betriebe hätten viel Geld in die Hand genommen, um Erntehelfer einfliegen und unter besonderen Hygienevorkehrungen doch arbeiten zu lassen. Das große mediale Interesse in Folge des Erntehelfermangels sowie der Einsatz heimischer Arbeitskräfte habe jedoch zu einer höheren Wertschätzung der Landwirtschaft sowie von deren Erzeugnissen gesorgt, bilanziert die Landwirtschaftskammer. Zudem sei es ihr gelungen, das große Informationsbedürfnis zur Arbeit im Agrarsektor, zu Kurzarbeit und zu Arbeitsschutz zu stillen – zwei positive Erfahrungen, die die Kammer aus der Corona-Krise zieht.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #171.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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