Landtagsjuristen haben Vorbehalte gegen „Staatstrojaner“ und Videoüberwachung
Der zweite große Schwung an Stellungnahmen liegt vor, die Beratungen zum geplanten neuen Polizeigesetz können damit nächste Woche Donnerstag weiter gehen. Die Landtagsjuristen haben erneut den Gesetzentwurf der SPD- und der CDU-Fraktion unter die Lupe genommen – herausgekommen sind mehrere Anmerkungen und Hinweise, teilweise auch verfassungsrechtliche Bedenken. Gegen mehrere geplante Vorschriften, die etwa die Videoüberwachung betreffen, die Überwachung von Handys und Computern oder das Recht zu Online-Durchsuchungen, hat der „Gesetzgebungs- und Beratungsdienst“ (GBD) des Landtags Einwände geäußert. Nächste Woche wird darüber beraten, inwieweit die Koalitionsfraktionen darauf eingehen wollen. Das Gesetz könnte dann im Sommer endgültig vom Landtag beschlossen werden.
Im ersten Teil der Beratungen ging es im vergangenen Herbst um die Frage, wann die Polizei mit Überwachungen beginnen darf. Der GBD hatte an mehreren Stellen moniert, dass die Hürden für den Eingriff in Grundrechte der Betroffenen zu tief gehängt seien. Außerdem war die sogenannte „Präventivhaft“ umstritten – nämlich die Möglichkeit, zu terroristischen Taten neigende „Gefährder“, die noch nicht straffällig wurden, für bis zu 74 Tage festhalten zu können. Bisher nicht im Gesetz verankert ist der CDU-Vorschlag, auch Pilotprojekte für eine „automatische Gesichtserkennung“ bei Videoüberwachungen zu starten.
Disput im Landtag
In der aktuellen Vorlage des GBD, die 92 Seiten umfasst und dem Politikjournal Rundblick vorliegt, wird nun vor allem auf die im Gesetzentwurf behandelten Bereiche Telekommunikationsüberwachung und Videokontrollen Bezug genommen. Ein umstrittenes Thema ist dabei der Plan, erstmals ins Gesetz die Möglichkeit für einen „Staatstrojaner“ zu schreiben. Damit soll die Polizei die Chance erhalten, auf die Handys und Computer von überwachten Personen zuzugreifen, sei es über eine Mail oder über die Ausnutzung von Lücken im Betriebssystem der Geräte.
Das Thema sorgte gestern im Landtag schon für einen Disput, da Belit Onay (Grüne) der Koalition vorwarf, man dürfe als Staat nicht technische Sicherheitslücken ausnutzen für eigene Polizeizwecke. Sebastian Lechner (CDU) widersprach und meinte, derzeit seien Sicherheitslücken sowieso einen breiterem Interessentenkreis bekannt, außerdem gehe es beim Staat ja um das Ziel einer Gefahrenabwehr.
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Laut Gesetzentwurf soll die Polizei auf diesem Weg Geräte anzapfen und die laufende Kommunikation überwachen dürfen. Dies soll möglich werden bei einer „gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben“ – nach Ansicht des GBD muss die Hürde sehr hoch gelegt werden. Noch strenger sollen die Voraussetzungen nach GBD-Ansicht bei der sogenannten „Online-Durchsuchung“ werden, die ebenfalls ins Polizeigesetz geschrieben werden soll. Damit ist das Recht der Polizei gemeint, sämtliche gespeicherte Daten in einem beschlagnahmten Computer überprüfen zu können – und zwar nicht im Wege der Strafverfolgung, sondern im Vorfeld einer Straftat bei einem dringenden Verdacht.
Der GBD rügt, die Voraussetzungen dafür, wann die Polizei dies tun können soll, seien nicht klar genug beschrieben. Da es sich hier um einen sehr weitgehenden Eingriff in die Privatsphäre handele, müssten die Hürden sehr hoch gelegt werden – einschließlich einer richterlichen Genehmigung. Die Voraussetzung einer „dringenden Gefahr“ bedeutet, dass diese Gefahr schon aktuell bestehen muss. Bei Terrorismusverdacht soll es reichen, dass eine solche Gefahr bevorstehen könnte.
Umstritten sind nun noch die Höchstfristen zur Aufbewahrung von Videomaterial. Der Entwurf sieht drei Monate vor, aus Sicht des GBD sollte die Zeitspanne eher kürzer sein. Kritisch sieht der GBD die Vorschrift, in größeren Versammlung auch verdeckt Videoaufnahmen anzufertigen – etwa, wenn man dort gewalttätige Auseinandersetzungen vermutet. Es könnten dann viele Menschen gefilmt werden, die nicht zu den Verdächtigen gehören.
Auch der Plan, Dritte wie etwa Straßenbahnunternehmen zur Herausgabe von Bild- und Tonaufzeichnungen zwingen zu können, wird von den Landtagsjuristen skeptisch beurteilt, da es bereits ähnliche Vorschriften zur Durchsuchung und Sicherstellung gebe. Schließlich rügt der GBD die geplanten Paragraphen zur Dauer des Einsatzes verdeckter Ermittler. Die Koalition plant drei Monate, aus Sicht der Juristen wäre ein Monat angemessen.