16. Mai 2021 · 
Umwelt

Landkreise kritisieren Windkraft-Erlass von Lies

Vor wenigen Wochen hat die Landesregierung einen neuen „Windenergieerlass“ beschlossen – ein Regelwerk, das den Kreisen und kreisfreien Städten Hinweise dafür geben soll, wie sie beim beantragten Bau neuer Windkraftanlagen vorgehen sollen. Doch dieses Konzept, für das Umwelt-, Agrar-, Innen- und Wirtschaftsministerium verantwortlich zeichnen, stößt bei den Kommunalverbänden auf Vorbehalte. Mit mehreren Punkten in dem Entwurf seien die Kommunen nicht einverstanden, schreibt der Geschäftsführer des Landkreistages, Joachim Schwind, in einem 18 Seiten starken Papier. Es stehe zu befürchten, dass mit einer zu starken Vorgabe des Landes gegenüber den Kommunen dem Ziel eines stärkeren Ausbaus der Windkraft nicht geholfen wird – sondern dass im Gegenteil die Energiewende ausgebremst wird.

Was die Kommunen vor allem stört, sind zwei Formulierungen, die auf Laien zunächst unverfänglich wirken. So wird erwähnt, dass der Flächenbedarf für die Windenergie „im Rahmen der Fortschreibung der Regionalen Raumordnungsprogramme zu berücksichtigen“ sei. An anderer Stelle wird dann hinzugefügt, dass die Ziele des Landesraumordnungsprogramms – die Windkraft betreffen – von den Kommunen als Trägern der Regionalplanung beachtet werden müssten. Auf derlei Hinweise reagieren die Juristen bei den Kommunalverbänden allergisch. Im Schreiben des Landkreistages wird betont, dass mit Erlassen gar nicht in die kommunale Planungshoheit eingegriffen werden dürfe. Wenn man das wolle, müsse es durch ein Gesetz geschehen. Dies könnten auch Gegner des Windkraft-Ausbaus erkennen und im konkreten Einzelfall juristisch mit der Begründung vor Gericht auftreten, die Planungshoheit der jeweiligen Kommune sei durch einen Erlass der Landesregierung zu stark eingeschränkt worden. „Die Landesregierung würde mit der Beibehaltung dieser Aussagen also möglicherweise den Ausbau der Windenergie im Ergebnis behindern statt befördern“, heißt es in der kommunalen Stellungnahme.

Widerspruch wird vom Landkreistag auch geäußert zu einer Formulierung im Windenergieerlass, die auf das Erscheinungsbild dieser Anlagen in der Natur hindeutet. Die Windräder seien „regelmäßiger Bestandteil der Kulturlandschaft“ geworden, ist dort niedergeschrieben worden. Die Kommunen sehen das dezidiert anders. „Diese Aussagen im Erlassentwurf sind fachlich falsch und führen in die Irre“, heißt es in der Stellungnahme. Windkraftanlagen seien keine Teile der historisch gewachsenen Dörfer oder Siedlungen, sondern technische Bauwerke – wie es auch Stromtrassen seien. Besonders in flachen Landschaften wie Marsch und Moor seien sie „Fremdkörper“, das mache es erforderlich, sie „einer eingehenden planerischen Prüfung zu unterziehen“. Skepsis äußert der Landkreistag noch zu den Flächenzielen, die von der Landesregierung zum Ausbau der Windenergie angegeben werden. Diese seien zunehmend angehoben worden, „ohne dass die landesweit vorhandenen Repowering-Potenziale der niedersächsischen Windparks ausreichend genutzt werden“. Die Landesregierung sei bisher nicht nachdrücklich genug aufgetreten, wenn es darum gehe, die vorhandenen Windkraftanlagen in ihrer Leistung aufzurüsten. Dies werde „bedauerlicherweise nicht mit dem erforderlichen Druck eingefordert“. So komme es zur Ausweisung immer neuer Flächen.

Nicht konsequent genug ist die Landesregierung nach Auffassung der Kommunalverbände in der Frage, beim Streit um die Höhe von Windkraftanlagen zur Not auch die Verordnung des jeweiligen Landschaftsschutzgebietes zu ändern. Das sei „nicht sachgerecht“. Ausdrücklich betonen die Kommunen, sie müssten auch künftig berechtigt bleiben, in Einzelfällen die maximale Höhe von Windrädern festzulegen. Die bisherigen Planungen für Windkraft-Flächen seien anzuzweifeln, da sie von einem Abstand von rund 400 Metern zur Wohnbebauung ausgingen. In der Praxis seien die Abstände aber meistens doppelt so groß. Auch die Ansage im Erlass, bei Windrädern bis zu einer Höhe von 30 Metern reiche ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren aus, treffe so nicht zu. Oft genug gebe es Kirchtürme und andere Bauten, die durch solche Anlagen im Landschaftsbild beeinträchtigt werden könnten.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #091.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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