
In gut einem Jahr gilt ein Rechtsanspruch: Jedes Grundschulkind, das die erste Klasse besucht, kann von August 2026 an verlangen, ganztags – also acht Stunden lang – betreut zu werden. In der Folgezeit wächst die Regelung regelmäßig jährlich um ein weiteres Schuljahr, also dann auch ab Klasse 2, 3 und 4. Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) wartet nun aber händeringend auf die Klärung wichtiger Details. „Das Land muss eine Lücke in den bisherigen Regeln schließen und nachliefern“, fordert Marco Trips, Präsident des NSGB. Die Verfeinerung der Vorschriften für den Ganztagsbetrieb ist ein Punkt in einem Forderungskatalog des Kommunalverbandes, der unter der Überschrift „Leere Kassen – rote Zahlen“ steht.
Bisher sind landesweit schon mehr als 70 Prozent der Grundschulen für den Ganztagsbetrieb gerüstet. Wenn 2026 der Rechtsanspruch kommt, sollen aber die Betreuungszeiten noch verstärkt werden. Kultusministerin Julia Hamburg hat zugesagt, dass die Kinder dann an fünf Tagen in der Woche täglich acht Stunden in Obhut genommen werden. Eine Schließzeit von vier Wochen im Jahr ist festgelegt, diese soll aber nicht zwingend in der Ferienzeit sein. Die Kritik des NSGB setzt nun bei den Einzelheiten an. So sind Investitionsmittel von 40 Euro je Einwohner der Kommune in Aussicht gestellt – nach den Worten von Trips reicht das aber vielerorts nicht, um noch ausstehende Anbauten (etwa für Mensen) zu finanzieren. Die Frage der Konnexität sei umgangen worden, indem der Bund (und nicht das Land) die gesetzlichen Vorgaben regelt – die Länder diese dann nur per Erlass und nicht per Gesetz ergänzen. Trips kritisiert, dass das Kultusministerium die Finanzierung der Betreuung „auf der Basis der tatsächlichen Inanspruchnahme“ gewährleisten will. Das heißt: Wenn nur wenige Kinder angemeldet werden, soll das Geld je Kind gezahlt werden. „Das reicht bei wenigen Anmeldungen aber nicht, da ja trotzdem Fachpersonal eingestellt werden muss“, betont Trips. Ihn plage die Sorge, dass für die Mehrkosten am Ende nicht das Land, sondern die jeweilige Kommune aufkommen muss. Sinnvoller sei daher eine Grundfinanzierung je Kindergruppe, die betreut werden muss. Der NSGB regt sogar an, auch über eine finanzielle Beteiligung gutverdienender Eltern an der Betreuung nachzudenken. Eine andere wichtige Frage sei, welche Qualitätsstandards das Land in entsprechenden Erlassen für die Betreuung im Ganztagsbetrieb vorgibt – ob etwa zu allen Zeiten eine pädagogische Fachkraft anwesend sein müsse oder ob auch „die Oma, die den Kindern etwas vorliest“ reichen kann.
Der NSGB fügt noch weitere Forderungen an. Der Kommunale Finanzausgleich (KFA), der Anteile an Landessteuern für die Kommunen vorsieht, solle um einen Punkt erhöht werden – das wären 330 Millionen Euro jährlich. Nötig sei das, weil massiv steigende Ausgaben für Jugendhilfe, Eingliederungshilfe, Bürgergeld und Kliniken nicht mehr von gedeckt werden könnten. Das Land müsse zudem die zugesagte Beteiligung von zwei Dritteln der Kosten für die Kindergärten endlich einhalten – de facto machten die Personalkostenzuschüsse des Landes lange nicht zwei Drittel der Kosten aus, sondern viel weniger. Alternativ, schreibt der NSGB, solle die Befreiung der Eltern von den Beiträgen wieder rückgängig gemacht werden – jedenfalls für die Gutverdienenden.
Bürgermeister schlagen Alarm: Die 21 Bürgermeister in der Region Hannover haben in einer gemeinsamen Erklärung am Donnerstag vom Land eine "dauerhafte finanzielle Beteiligung" am Ganztag-Programm gefordert. Es fehle an Personal, Räumen und Finanzierungssicherheit. Das Land müsse mehr Geld geben, um gute Qualität zu gewährleisten.