11. Apr. 2024 · 
Inneres

Landeswahlleiterin beteuert: Gute Lösung geht nur mit Opferung eines Wahlkreises

Landeswahlleiterin Ulrike Sachs hat erstmals vor einem Landtagsgremium ihren Vorschlag verteidigt, die Wahlkreise für die Landtagswahl 2027 radikal neu zuzuschneiden. Nach ihrem Konzept sollen im Osten zwei Wahlkreise zusammengelegt werden – nämlich Walsrode (bisher vertreten durch Sebastian Zinke von der SPD) und Soltau (bisher vertreten durch Karl-Ludwig von Danwitz von der CDU). Zum Ausgleich soll im Westen, der durch Bevölkerungswachstum gekennzeichnet ist, ein neuer Wahlkreis hinzukommen, nämlich in der Grafschaft Bentheim (bisher vertreten durch Reinhold Hilbers von der CDU).

An landesweit 87 Landtagswahlkreisen will Sachs allerdings festhalten. „Ich sehe auch keine Notwendigkeit, daran etwas zu ändern“, erklärte die Landeswahlleiterin im Innenausschuss. Die Vertreter der Fraktionen äußerten sich noch nicht zu den Ideen aus dem Innenministerium. Als die Überlegungen Mitte Februar erstmals öffentlich wurden, waren die ersten Reaktionen darauf verhalten. Jede Wahlkreisänderung bedeutet Stress für die Parteien in den betroffenen Regionen, da sie häufig mit einer radikalen Änderung lokaler Netzwerke und Verabredungen einhergehen müssen.

Sachs erinnerte im Innenausschuss an ihre Aufgabe, 15 Monate nach Beginn einer neuen Wahlperiode über den möglicherweise nötigen Neuzuschnitt der Wahlkreise zu berichten. Es ist zwar nicht gesetzlich vorgegeben, wohl aber durch Rechtsprechung geprägt, dass kein Wahlkreis mehr als 25 Prozent nach oben oder unten von der Durchschnittszahl der Wahlberechtigten abweichen darf. Maßgeblich ist die Einwohnerzahl von Ende 2022, und damals gab es 5,99 Millionen Wahlberechtigte im Lande, je Wahlkreis im Durchschnitt also 68.944.

Sieben Wahlkreise liegen in der Abweichung zwischen 20 und 23 Prozent, könnten also zur übernächsten Landtagswahl Handlungsbedarf auslösen. Das sind Göttingen-Münden, Holzminden, Delmenhorst und Wolfenbüttel-Süd, die jetzt schon mehr als 20 Prozent unter dem Durchschnitt rangieren, sowie Meppen und Hannover-Mitte, die inzwischen den Durchschnitt um mehr als 20 Prozent überragen. Hierfür schlägt Sachs nun noch keine Änderung vor. Die krasseren Fälle aber, in denen die 23-Prozent-Abweichung noch übertroffen wird, zwingen nach ihrer Ansicht zu raschen Konsequenzen. Es sind die Wahlkreise Aurich, Bad Bentheim, Friesland und Lingen, die zu viele Wahlberechtigte haben, sowie Soltau und Lüneburg-Land, die erheblich zu wenige haben.

Region Emsland soll neuen Wahlkreis kriegen

Für Friesland schlägt sie nun vor, Teile an Wilhelmshaven zu geben. Aus dem Wahlkreis Aurich könnten Gemeinden herüberwandern in den Wahlkreis Wittmund-Inseln. Was nun Bentheim und Lingen angeht, ist Sachs‘ Vorschlag, aus Nordhorn, Bad Bentheim und Schüttorf einen neuen Wahlkreis zu bilden, Teile von Lingen zu Bentheim zuzuordnen und so ein neues Gleichgewicht zu schaffen. Da im emsländischen Raum sämtliche Wahlkreise jetzt schon sehr groß sind, bringe nur ein Hin- und Herschieben der Gemeinden nicht viel. Außerdem seien die Grenzen zu den Niederlanden und zu NRW nah, man könne den Gebietszuschnitt nicht beliebig ausweiten. An der Gründung eines neuen Wahlkreises in dieser Region führe auf Dauer also kein Weg vorbei.

Im Osten, wo die Bevölkerung abnimmt, bringe der Austausch der Gemeinden etwa zwischen den Wahlkreisen Walsrode und Soltau auch nicht viel, da in der Nachbarschaft ebenfalls viele Wahlkreise mit unterdurchschnittlicher Zahl vorhanden sind. Sachs empfiehlt daher, die beiden Heidekreis-Wahlkreise Walsrode und Soltau zu vereinen und einige Gemeinden des neuen Gebildes an den ebenfalls einwohnerschwachen Wahlkreis Lüneburg-Land abzutreten. Damit werde im Osten ein Wahlkreis eingespart, was den Ausgleich zwischen den Wahlkreisen dort erheblich erleichtern könne.

Volker Bajus (Grüne) sagte, man könne ja auch über die Wahlkreis-Anzahl diskutieren und diese womöglich ausweiten. Das könne eine gleichmäßige Größen-Verteilung vielleicht eher erleichtern. Ulrich Watermann (SPD) und Birgit Butter (CDU) versprachen, sie wollten sich für eine rasche Verständigung auf einen landesweiten Wahlkreis-Neuzuschnitt einsetzen. Vor der Landtagswahl 2022 geschah das damals auf den letzten Metern, weshalb einige Kandidatenaufstellungen sogar wiederholt werden mussten. Watermann und Saskia Buschmann (CDU) berichteten, dass das Thema Wahlkreis-Zuschnitt in den Regionen „große Unruhe“ auslöse, vor allem in den Parteigremien.

Dieser Artikel erschien am 12.4.2024 in Ausgabe #068.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

Artikel teilen

Teilen via Facebook
Teilen via LinkedIn
Teilen via X
Teilen via E-Mail