Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) hat ihren Alarmruf verstärkt. Wenn der Bund nicht bald mit einem „Vorschaltgesetz“ die Basis für eine bessere Finanzausstattung der Krankenhäuser schaffe, würden viele Kliniken in Niedersachsen Insolvenz anmelden müssen. „Das geschähe dann unkontrolliert, ohne einen Plan“, befürchtet Helge Engelke, der NKG-Verbandsdirektor. Wie der NKG-Vorsitzende Hans-Heinrich Aldag ergänzt, ist die finanzielle Lage der insgesamt noch 164 niedersächsischen Krankenhäuser derzeit schon sehr angespannt – und das dürfte sich noch verschärfen. In diesem Jahr drohe ein Gesamtdefizit von 532 Millionen Euro.

Helge Engelke, Andreas Philippi, Hans-Heinrich Aldag | Foto: NKG

Noch aus dem vergangenen Jahr 2022 seien ungedeckte Ausgaben von 200 Millionen Euro hinzuzuzählen. Zwar habe das Bundesgesundheitsministerium inzwischen die „Energiehilfen“ (2,5 Milliarden Euro bundesweit) an die Kliniken ausgezahlt, das bedeute für die niedersächsischen Häuser eine Entlastung in Höhe von 250 Millionen Euro. Die NKG sieht darin aber nur einen „Tropfen auf den heißen Stein“, denn 2024 erwarten die niedersächsischen Kliniken noch einmal ein neues Defizit von weiteren 500 Millionen Euro. „Irgendwann sind dann die Träger der Kliniken nicht mehr bereit, die roten Zahlen auszugleichen“, sagt Engelke. „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wartet aber ab und sieht dem Krankenhaussterben tatenlos zu“, beklagt Aldag.

Was die düsteren Aussichten für 2024 anbelangt, spielt vor allem der TVöD eine Rolle, der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen. Dieser sieht für das kommende Jahr Tarifsteigerungen vor, die Engelke unterm Strich als einen Zuwachs um zehn Prozentpunkte interpretiert. Die Kassen jedoch würden nach den bisherigen Regeln davon nur einen Teil tragen können, vermutlich fünf Prozentpunkte. Aufgabe eines „Vorschaltgesetzes“ des Bundes müsse es dann sein, diese Deckelung der Kostenerstattung durch die Kassen aufzuheben, also eine höhere Finanzierung der laufenden Betriebskosten durch die Kassen zu ermöglichen.

Die vor Wochen von CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner vorgetragene alternative Idee, Hilfen der N-Bank zu gewähren und dafür eine Landesbürgschaft zu geben, stößt bei Sozialminister Andreas Philippi (SPD) auf Vorbehalte. Ausschließen könne er Bürgschaften des Landes nicht, aber für die Betriebskosten sei nun mal der Bund zuständig – und an den wolle auch er appellieren. Die NKG-Spitzen Aldag und Engelke traten deshalb am Montag gemeinsam mit Philippi vor die Presse. Bei der Gelegenheit unterstrich der Sozialminister noch einmal seine Unterstützung für den Ruf nach einem Vorschaltgesetz: „Bis die aktuelle Krankenhausreform der Bundesregierung greift, wird es 2025 oder 2026 sein. Das bedeutet, für den Übergang eine notwendige Übergangshilfe zu organisieren. Wir müssen über Stützungsmaßnahmen nachdenken.“ Das Land sei bereit, so der Minister weiter, gemeinsam mit dem Bund den Strukturwandel der Kliniklandschaft anzugehen.



Die NKG erwartet auch vom Land Niedersachsen eine stärkere Unterstützung. Wie Philippi betonte, ist der Weg dahin vorgezeichnet. Für kurzfristige Investitionen in den Kliniken gibt das Land dieses Jahr 233 Millionen Euro – das sind weit mehr als in den vergangenen Jahren. Für die geplanten neuen Großkliniken in Georgsheil, Diepholz und im Heidekreis könnten in diesem Jahr verpflichtende Förderbescheide in Höhe von bis zu 2 Milliarden Euro erteilt werden. Das Geld dafür werde dann in den nächsten Jahren fließen. Bis zu 3 Milliarden Euro macht somit laut Philippi die Investitionsförderung des Landes für die Krankenhäuser aus, wobei darin ein 40-Prozent-Anteil der Kreise und kreisfreien Städte enthalten ist. Die NKG geht davon aus, dass auf absehbare Zeit ein Drittel der derzeit noch 164 Kliniken in Niedersachsen nicht überleben wird, sollte es im Bund kein Vorschaltgesetz geben. Laut Aldag ist Lauterbachs Tatenlosigkeit „eine Kapitulation“. Offenbar sei es vom Bund gewollt, auf diesem Weg die Krankenhauslandschaft zu verändern.