
Ein emotional besetztes Thema beschäftigt am Mittwoch den Agrarausschuss des niedersächsischen Landtags. Im Zuge der Novelle des niedersächsischen Jagdgesetzes wird darüber debattiert, ob es künftig erlaubt oder verboten sein soll, freilaufende und wildernde Hunde oder Katzen zu töten. Die Regierungsfraktionen konnten sich in dieser Frage nicht auf ein Verbot verständigen. Wildernde Katzen sollen demnach auch künftig abgeschossen werden dürfen, wenn sie sich in einem gewissen Abstand von Wohnhäusern bewegen. Bei wildernden Hunden konnten sich die Fraktionen von SPD und CDU darauf einigen, die Hürden für einen möglichen Abschuss ein wenig höher zu setzen. So soll es nun künftig ein gestuftes Verfahren geben. Der Kernsatz des Änderungsantrags lautet: „Die Tötung eines wildernden Hundes soll nur noch erlaubt sein, wenn der Jagdschutzberechtigte das Tier bei der Jagdbehörde vorher angezeigt hat.“ Es soll also eine Sicherheitsstufe eingezogen werden, die letztlich den Tierhaltern die Gelegenheit geben soll, ihren Hund wieder einzufangen, bevor womöglich geschossen wird. Geltung erlangt diese Änderung erst mit der Verabschiedung des neuen Jagdgesetzes durch den Landtag.
In der aktuellen Fassung des Landesjagdgesetzes wird der Abschuss wildernder Hauskatzen und Hunde unter gewissen Umständen erlaubt. So ist in Paragraph 29 geregelt, dass wildernde Hunde getötet werden dürfen, wenn deren Besitzer offensichtlich nicht auf sie einwirken können und wenn es sich bei den Tieren erkennbar nicht um Jagd-, Rettungs-, Hirten-, Blinden-, Polizei- oder sonstige Diensthunde handelt. Für Hauskatzen gilt die Abschusserlaubnis immer dann, wenn sie mit einem Abstand von mehr als 300 Metern zu einem Wohnhaus beim Wildern erwischt werden. Diese beiden Regelungen haben Ende vergangenen Jahres den Protest von Tierschützern provoziert. Bei der Verbändeanhörung im Agrarausschuss des Landtags forderten diese ein Verbot der aktuell gültigen Gesetzesregelung, angedacht war die im ursprünglichen Entwurf der Landesregierung für das neue Jagdgesetz allerdings seinerzeit noch nicht. Weil es auch zahlreiche Zuschriften besorgter Tierhalter und Tierschützer zu diesem Thema gegeben hatte, waren auch in der SPD-Landtagsfraktion Zweifel aufgekommen.
Die Gefahren, die von wildernden Hunden oder Katzen ausgehen, werden jeweils sehr unterschiedlich eingeschätzt. Freilaufende Hunde seien nur sehr selten ein Problem, heißt es aus dem Landesagrarministerium. Gerd Will, Jagdexperte der SPD-Fraktion, berichtet auch, er sei noch nie in die Situation gekommen, einen wildernden Hund schießen zu müssen. Komme es einmal dazu, dass Hunde freilaufen und dabei ihrem Jagdtrieb nachgingen, könne man sich in der Regel damit helfen, dass der jeweilige Jäger den bekannten Besitzer des Hundes informiert. Dieser Erfahrung geschuldet ist nun das neu vorgesehene gestufte Verfahren mit einer Meldung bei der zuständigen unteren Jagdbehörde.
Wildernde Katzen sind hingegen ein größeres Problem. „Die Auswirkungen von Hauskatzen – nicht nur der verwilderten – auf die Biodiversität werden vielfach deutlich unterschätzt“, heißt es aus dem Agrarministerium. So liste die Weltnaturschutzunion die Katze auf dem 38. Platz der 100 gefährlichsten invasiven gebietsfremden Arten. Zu den Opfern der freilaufenden Katzen zählen Untersuchungen zufolge deutschlandweit jährlich mehrere Millionen kleine Säugetiere und Singvögel.
Ein weiteres, milderes Instrument, mit dem man der Katzenproblematik hätte beikommen können, wollen die Regierungsfraktionen allerdings nicht nutzen. Um die unkontrollierte Vermehrung freilebender und streunender Katzen einzudämmen, könnte auch landesweit die Kastration der Tiere angeordnet werden. In 477 Städte und Gemeinden in Niedersachsen gelten derartigen Katzenschutzverordnungen, die die Kastration der Tiere vorschreiben. Das Land könnte dies flächendeckend ausrollen. Doch davor schrecken SPD und CDU offenbar zurück, auch weil die Kosten für diese Maßnahmen dann wohl vom Land übernommen werden müssten – und nicht wie bislang von jenen Kommunen, die sich aus freien Stücken diese Aufgabe auferlegt haben. Bislang fördert das Land die Kastration verwilderter Hauskatzen jährlich aufs Neue innerhalb einer Aktion der Landesbeauftragten für Tierschutz. Im vergangenen Dezember wurden dafür 150.000 Euro zur Verfügung gestellt.